Nobelpreise

Anton Zeilinger bekommt Nobelpreis für Physik

Er sei immer von Quantenmechanik fasziniert gewesen - "vom ersten Moment, an dem ich davon gehört habe". Im Bild: Anton Zeilinger 2017.
Er sei immer von Quantenmechanik fasziniert gewesen - "vom ersten Moment, an dem ich davon gehört habe". Im Bild: Anton Zeilinger 2017. (c) Katharina F.-Roßboth
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Die Quantenphysik bringt Österreich den nächsten Nobelpreisträger. Zeilinger wird gemeinsam mit Alain Aspect und John F. Clauser ausgezeichnet.

Viele Jahre stand es im Raum, nun ist es tatsächlich soweit: Der 1945 in Ried im Innkreis geborene Anton Zeilinger bekommt den Nobelpreis für Physik - gemeinsam mit dem Franzosen Alain Aspect und dem US-Amerikaner John F. Clauser. Sie werden unter anderem für Experimente mit verschränkten Photonen geehrt. 

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Die drei Physiker hätten den von Albert Einstein als "spukhafte Fernwirkung" abgetanen quantenphysikalischen Zustand, bei dem zwei verschränkte Teilchen wie von Zauberhand miteinander verbunden bleiben und ihre physikalischen Eigenschaften teilen, "aus der Theorie in die Praxis gebracht", heißt es seitens des Komitees.

Er sei "sehr überrascht" von dem Anruf gewesen, sagte Zeilinger. Und: Er sehe den Preis auch als "Ermutigung für junge Menschen“. Der neue Nobelpreisträger riet ihnen: "Denkt nicht zu viel an künftige Anwendungen."

Bahnbrechendes Experiment im Jahr 1997

Bahnbrechend für seine Karriere war ein Experiment 1997: Dabei gelingt Zeilinger erstmals die Teleportation von Lichtteilchen. In einem Laborversuch gelingt es seinem jungen Team und ihm, ein Photon auszulöschen, um dieses Lichtteilchen im selben Augenblick wenige Meter entfernt wieder auftauchen zu lassen. Bis dahin interessieren sich nur Experten für die nicht leicht verständlichen Experimente des Quantenphysikers, dem es in ausgefeilten Versuchen gelingt, neue Zusammenhänge aufzudecken und auch gängige Theorien zu widerlegen.

Zeilinger wird in der Folge zum Wissenschaftsstar, immer wieder wird er als "Mr. Beam" bezeichnet und muss bis heute erklären, warum wir uns auch in Zukunft nicht in den Urlaub "beamen" können. Er spricht in Talkshows, bei Ärztekongressen oder vor Managern mächtiger Energiekonzerne. Und er versuchte sogar dem Dalai Lama zu zeigen, dass in der Quantenwelt die Kausalität tatsächlich verschwindet, dass im Mikrokosmos Teilchen einfach aus dem Nichts entstehen.

Als 2016 China mit "Micius" den ersten Quantenkommunikationssatelliten ins All brachte, um von dort verschränkte Photonen zur Erde zu schicken, war Zeilinger als Kooperationspartner dabei, die Instrumente an Bord des Satelliten seien ursprünglich "von uns in Österreich entwickelt worden". Ein weiteres Spin-off der quantenphysikalischen Grundlagenarbeit ist die Quantenkryptografie, die sich ebenfalls der Verschränkung bedient, um absolut abhörsichere Verschlüsselungen von Nachrichten und Datenübertragungen zu ermöglichen. 2004 demonstrierte er die erste mittels Quantenkryptografie verschlüsselte Überweisung vom Wiener Rathaus an eine Bank. Weltweit beachtet wurde 2017 das erste quantenverschlüsselte Videotelefonat, das Zeilinger als ÖAW-Präsident mit seinem chinesischen Amtskollegen führte. Die Schlüssel wurden dabei mithilfe von "Micius" ausgetauscht.

Der Oberösterreicher studierte Physik und Mathematik an der Uni Wien. 1990 wurde er an die Uni Innsbruck berufen, 1999 an die Uni Wien. Ab 2004 leitete er zudem eine Arbeitsgruppe am neu gegründeten Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Von 2013 bis zum Sommer diesen Jahres war er deren Präsident.

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Am Start der Nobelpreiswoche stand die Medizin: Der Preis ging an den Schweden Svante Pääbo. Am Mittwoch folgt die Verkündung der Preisträgerinnen oder Preisträger für Chemie. Nach den Wissenschaftspreisen wird wie gewohnt am Donnerstag der Literatur-Nobelpreis vergeben, am Freitag folgt der Friedensnobelpreis. Den Abschluss bildet am kommenden Montag die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften.

Geplant ist, dass die Übergabe der Preise heuer am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, wieder in Stockholm stattfinden soll. Dazu eingeladen werden auch die Gewinner der Jahre 2020 und 2021. In diesen beiden Jahren war die Verleihung coronabedingt in den Heimatländern der Preisträger durchgeführt worden. Das Preisgeld beträgt auch heuer zehn Millionen schwedische Kronen (rund 912.000 Euro) pro Kategorie.

(red.)

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