Systematische Interventionen, „Pflicht“-Interviews und eine ÖVP Niederösterreich, die den ORF für sich als Plattform nutzt: Die Vorwürfe, die Mitarbeiter von Landesdirektor Robert Ziegler erheben, wiegen schwer. Untermauert werden sie von Mails und Chats aus seiner Zeit als Chefredakteur, die der „Presse“ vorliegen.
Interventionen im ORF kommen öfter vor – unabhängig von der Farbenlehre der jeweiligen Landesregierung. Im Landesstudio Niederösterreich wurden sie unter Chefredakteur Robert Ziegler von 2015 bis 2021 routinemäßig umgesetzt. Seit September 2021 ist er, nach Anhörung bei Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Landesdirektor. Als Chefredakteur gab er offenbar Wünsche der Politik an Mitarbeiter weiter und setzte diese, wenn nötig, auch gegen deren Willen durch. Darauf deuten interne Mails zwischen Ziegler und der ÖVP-Landesspitze, ORF-Sendelisten und Whatsapp-Chats hin. Sie liegen der „Presse“ vor. Ihr Inhalt wird von mehreren Redakteuren bestätigt, die mit der „Presse“ unabhängig voneinander gesprochen haben.
Sie zeichnen ein klares Bild des Redaktionsalltags: Ziegler lässt Beiträge und Online-Artikel nachträglich abändern; veranlasst, bestimmte Wordings aus ÖVP-Pressetexten zu verwenden, und gibt seinen Mitarbeitern im Vorfeld ihrer Berichterstattung klare Richtlinien, mit welchen Inhalten und Personen die Beiträge zu füllen sind. Ziegler bricht damit nahezu routinemäßig die Vorgaben des ORF-Redaktionsstatuts.
Ziegler selbst weist die Vorwürfe auf „Presse“-Nachfrage vehement zurück. „Entscheidungen über die Berichterstattung fallen ausschließlich nach journalistischen Kriterien.“ Im Landesstudio „arbeiten selbstständige, qualifizierte und unabhängige Redakteurinnen und Redakteure, die täglich ausgezeichnete Arbeit leisten“. Seine Tätigkeit als Chefredakteur habe er „nach bestem Wissen und Gewissen ausgeführt“.