Einspruch

Wem nützt die Damnatio memoriae Florian Teichtmeisters?

Wer glaubt ernsthaft, das Publikum könnte gegenwärtig beim Ansehen Teichtmeisters als Kaiser in Bewunderung versinken, statt ohnehin nur an „das eine“ zu denken?Alamode Film
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Zur Forderung nach Entfernung des Films „Corsage“: Ziel sollte weniger Kindesmissbrauch sein, nicht, dass wir uns gut fühlen.

Ein Mensch, überführt des Besitzes von fast 60.000 kinderpornografischen Dateien, steht vor Gericht. Das heißt, er wird bald im Gerichtssaal stehen und nach österreichischem Strafrecht be- und verurteilt werden. Gerichtet, mit Worten und Gedanken, wird er außerdem von der Öffentlichkeit – und die umfasst in diesem Fall fast die gesamte jugendliche und erwachsene österreichische Bevölkerung und viele, viele Menschen im Ausland. Denn der Missbrauch von Kindern – und der Besitz von Kinderpornografie ist eine Teilnahme an Kindesmissbrauch – ist nichts, bei dem sich die Gesellschaft in Gegner und Befürworter teilt. Präsidenten, die Kriege anzetteln, selbst Menschen, die Asylantenheime anzünden, haben ihre Fans, ihre heimlichen oder offenen Anhänger. Aber ein Pädophiler?

Und weil das der Öffentlichkeit bekannte Verbrechen den Intimbereich der Sexualität betrifft, kommt die Scham dazu. Selbst ein Mensch, der im Affekt seine Partnerin oder seinen Partner umgebracht hat, kann sich wohl leichter wieder in die Öffentlichkeit wagen.

Das schreibe ich nicht, um Mitleid mit Schauspieler Florian Teichtmeister zu wecken. Sondern aus Zweifel daran, welchen guten Zweck es haben soll, den derzeit in Kinos laufenden, für einen Auslands-Oscar kandidierenden Film „Corsage“ von Marie Kreutzer, in dem Teichtmeister Kaiser Franz Joseph spielt, zurückzuziehen.

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