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Erdbeben in Türkei und Syrien: Zwei Österreicher unter den Toten

Ein Bild aus der türkischen Region Hatay, die von Hilfskräften teils noch nicht erreicht wurde.
Ein Bild aus der türkischen Region Hatay, die von Hilfskräften teils noch nicht erreicht wurde.APA/AFP/BULENT KILIC
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Das österreichische Außenamt bestätigt zwei Todesfälle österreichischer Staatsbürger in der türkisch-syrischen Grenzregion. Für die Retter ist es ein Kampf gegen die Zeit - auch wegen eines nahenden Wintersturms. Der Opferzahl steigt auf über 5100.

Bei dem verheerenden Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet sind auch zwei Opfer mit österreichischer Staatsbürgerschaft zu beklagen, Wie das Außenministerium Dienstagmittag mitteilte, wurden diese in der Provinz Kahramanmaraş, die im südlichen Teil Anatoliens liegt, tot geborgen.

Darüber hinaus würden aktuell keine Informationen über als vermisst geltende Österreicher oder Österreicherinnen vorliegen. Das Außenministerium sowie die österreichischen Vertretungen würden mit rund einem Dutzend betroffenen österreichischen Staatsbürgern in Kontakt stehen, die jedoch unversehrt geblieben sind.

Mit Hochdruck suchen die Rettungskräfte einen Tag nach dem schweren Beben nach Überlebenden. Eisige Temperaturen und Regen erschweren die Suche in den Trümmern. Die Zahl der Toten stieg auf über 5100, mehr als 3500 davon in der Türkei. Im Nordwesten Syriens ist aus den Trümmern eines Hauses ein Baby gerettet worden, das durch die Nabelschnur noch mit seiner durch die Katastrophe umgekommenen Mutter verbunden war.

Große Sorge vor Schneesturm

Als hätten die Überlebenden in der Erdbebenregion im syrisch-türkischen Grenzgebiet nicht schon genug durchgemacht: Die internationale Hilfsorganisation Care hat am Dienstag davor gewarnt, dass dem Katastrophengebiet nun auch noch ein Schneesturm droht, was vor allem den Obdachlosen und den Menschen in Flüchtlingslagern massive zusätzliche Probleme bereiten dürfte. Unterdessen bemühen sich die Hilfsorganisationen, möglichst schnell zu den Menschen im Erdbebengebiet zu kommen.

Es befinden sich unzählige Menschen aufgrund von Warnungen vor Nachbeben oder weil ihre Häuser und Unterkünfte eingestürzt sind, trotz eisiger Kälte und Schnee, im Freien, warnte Care. "Unsere Arbeit wird durch das extreme Wetter und den Schneefall stark beeinträchtigt, weil wir viele Straßen nicht passieren und so zahlreiche Lagerhäuser und Vorräte nicht erreichen können", sagte Sherine Ibrahim, Länderdirektorin von Care Türkiye. Trotz des schweren Bebens und der Witterungsverhältnisse bleibe die grenzüberschreitende Hilfe von der Türkei nach Nordwestsyrien bestehen. Mehr als 60 Prozent der 4,6 Millionen Einwohner Nordwestsyriens sind Binnenflüchtlinge und fürchten, dass sie durch die Erdbeben erneut vertrieben werden.

Beschädigte Infrastruktur verzögert Hilfslieferungen

Das katastrophale Erdbeben und seine Nachbeben haben die Infrastruktur schwer in Mitleidenschaft gezogen. "Die Flughäfen im Katastrophengebiet sind geschlossen", schilderte Marcus Bachmann, Beauftragter für humanitäre Angelegenheiten bei Ärzte Ohne Grenzen (MSF) Österreich, am Dienstag. Damit ist die Verkehrsinfrastruktur der "Flaschenhals" für Hilfslieferungen, wie der Experte sagte.

Vertreter von Hilfsorganisationen stehen derzeit in Kontakt mit den Behörden auf beiden Seiten der Grenze, um einen Plan zu entwickeln, wie Hilfslieferungen möglichst schnell und sicher in die Katastrophengebiete gebracht werden können. Die Wetterlage verschärft die Situation zusätzlich: einerseits für die Erdbebenopfer, die bei starken Niederschlägen und großer Kälte ohne Dach über dem Kopf zu überleben versuchen, andererseits für Hilfsorganisationen, weil die Passierbarkeit von Verkehrswegen über Land massiv erschwert ist.

Die Europäische Union unterstützt laut EU-Wirtschaftskomissar Paolo Gentiloni die Rettungsarbeiten auch per Satellit. Bislang hätten zudem 14 europäische Mitgliedsstaaten ihre Such- und Rettungsteams geschickt, sagt Gentiloni auf einer Online-Veranstaltung mehrerer deutscher Zeitungen und Zeitschriften. "Aber das geht natürlich weiter. Wir arbeiten auch über den Copernicus-Satelliten, um die Suche und Rettung von Menschen zu unterstützen", sagt er.

Opferzahl alleine in der Türkei auf über 3500 gestiegen

In der Türkei ist die Zahl der Todesopfer auf 3549 gestiegen. Das teilt Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag mit. Mittlerweile hätten 70 Länder ihre Hilfe bei der Suche nach und der Rettung von Erdbebenopfern angeboten. Es gebe Pläne, die Hotels in der Region Antalya für Menschen zu öffnen, die von den Beben betroffen seien. Der türkische Präsident rief außerdem den Notstand aus. Er gelte für drei Monate in zehn von den schweren Erdstößen betroffenen Städten.

In Syrien wurden Behörden und Einsatzkräften zufolge mindestens 1602 Tote gezählt. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten stieg ihre Zahl der staatlichen Nachrichtenagentur Sana auf mindestens 812 an. Die Zahl der Verletzten liegt demnach in den betroffenen Provinzen Aleppo, Latakia, Hama, Idlib und Tartus bei mindestens 1449. In den Rebellengebieten im Nordwesten des Landes wurden den Einsatzkräften zufolge mindestens 790 Tote registriert. Nach Angaben des von der Opposition betriebenen Zivilschutzes sind noch Hunderte Familien unter den Trümmern zerstörter Gebäude verschüttet. Die Zeit, sie zu retten, werde knapp, sagte der Leiter der als "Weißhelme" bekannten Organisation im von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens, Raed al-Saleh.

Bundesheer entsendet Hilfseinheit

Auch die Hilfe aus Österreich läuft mittlerweile an: Am Dienstag sollten 85 Soldatinnen und Soldaten der "Austrian Forces Disaster Relief Unit" (AFDRU) in die Türkei abreisen, um dort Verschüttete zu retten. Nach bereits erfolgter Freigabe durch die EU machte sich das Erkundungsteam von Linz-Hörsching auf den Weg. Am Flughafen Wien-Schwechat wurde weiteres Equipment verladen und am Nachmittag werden die verbliebenen Kräfte abfliegen.

"Die rasche Einsatzfähigkeit unserer Soldatinnen und Soldaten zeigt, wie wichtig es ist, für die Bewältigung extremer Situationen Experten mit dem erforderlichen Know-how und das nötige Material dafür bereitzuhalten", sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Die Folgen in der Türkei und in Syrien seien verheerend und nach wie vor viele Menschen unter den Trümmern begraben. "Für uns ist es wichtig dort zu helfen, wo helfende Hände ganz dringend benötigt werden." Das Bundesheer würde daher gemeinsam mit freiwilligen Helfern und mit den örtlichen Rettungsorganisationen bei der Suche nach Verschütteten helfen. "Ich wünsche allen Soldatinnen, Soldaten und Zivilbediensteten für diesen herausfordernden Einsatz viel Kraft. Kommen Sie gesund wieder nach Hause!"

Der Katastrophenhilfeeinsatz ist nach derzeitigen Planungen für etwa zehn Tage anberaumt. Das AFDRU-Katastrophenhilfeelement ist so strukturiert, dass drei Rette- und Bergegruppen an zwei getrennten Suchorten zum Einsatz kommen können. Sanitäts-, Logistik- und Hygieneexperten des Bundesheeres unterstützen die Retter bei ihrem Einsatz. Die Soldatinnen und Soldaten haben außerdem sechs Hunde mit.

Spenden

CaritasÖsterreich
IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
BIC: GIBAATWWXXX
Kennwort: Erdbeben Syrien und Türkei www.caritas.at/erdbeben-syrien-tuerkei

Österreichisches Rotes Kreuz
IBAN: AT57 2011 1400 1440 0144
BIC: GIBAATWWXXX;
Kennwort: Katastrophenhilfe
oder online unter www.roteskreuz.at/erdbebenhilfe

DiakonieKatastrophenhilfe
IBAN: AT85 2011 1287 1196 6333
BIC: GIBAATWWXXX
Spenden-Kennwort: Erdbeben-Nothilfe Syrien Online Spenden: http://diakonie.at/erdbeben-hilfe-syrien

ÄrzteohneGrenzen
Online unter www.aerzte-ohne-grenzen.at

WorldVision Österreich - Katastrophenhilfe: IBAN: AT22 2011 1800 8008 1800

Jugend Eine Welt

IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000

oder online unter: https://www.jugendeinewelt.at/spenden-ist-helfen/jetzt-spenden/

ArbeiterSamariterbundÖsterreichs
https://www.samariterbund.net/spende-katastrophenhilfe
Spendenkonto: Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs:
IBAN: AT04 1200 0513 8891 4144
BIC: BKAUATWW
Kennwort: Türkei/Syrien

CARE Österreich
IBAN AT77 6000 0000 0123 6000
oder online unter www.care.at

(APA)

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