SPÖ-Führungsstreit

Politologe Pelinka: Doskozil hat keine Mehrheit in der SPÖ

Burgenlands Landeshauptmann Doskozil
Burgenlands Landeshauptmann Doskozil APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Machtkampf um die SPÖ-Spitze zwischen Rendi-Wagner und Doskozil sei ernst, aber „nichts Einmaliges“, sagt Politologe Anton Pelinka. Wichtig sei, dass die Parteivorsitzende nicht die Nerven wegwerfe.

Wer steht hinter Pamela Rendi-Wagner? Wer hält zu Hans Peter Doskozil? Diese beiden Fragen dominieren seit Tagen die Diskussionen über die, aber auch innerhalb der SPÖ. Und sie dürften an Brisanz zunehmen, immerhin scheinen die Sozialdemokraten geradewegs auf einen vorgezogenen Parteitag zuzusteuern, an dem entschieden werden könnte, wer der beiden die Partei führt. So jedenfalls die Vermutungen, nachdem die rote Bundesparteivorsitzende nicht nur das Präsidium, sondern auch den Vorstand für Mittwoch einberufen hat. „Es ist eine ernste Krise“, bestätigte der Politologe Anton Pelinka am Montag. Eine „erstmalige Krise“ und damit etwas parteihistorisch „Einmaliges“ wollte er darin aber nicht erkennen. Ebenso „kein Spitzenereignis“.

Pelinka erinnerte vielmehr an den Konflikt um die Nachfolge von Bruno Pittermann als Parteivorsitzender im Jahr 1967 zwischen Bruno Kreisky und dem Pittermann-Vertrauten und ehemaligen Innenminister sowie Gewerkschafter Hans Czettel. Kreisky, teils scharf angegriffen von ÖGB-Präsident Anton Benya und Teilen der Wiener SPÖ, gewann damals in einer Abstimmung im Parteivorstand. Zudem gab es die nicht gerade konfliktlosen „Übergänge“ von Alfred Gusenbauer auf Werner Faymann sowie von Faymann auf Christian Kern, die aber nicht eins zu eins mit der Situation jetzt vergleichbar seien.

Rendi-Wagner „darf nicht die Nerven verlieren“ 

In der aktuellen Situation geht Pelinka davon aus, dass Rendi-Wagner sowohl im Falle eines Sonderparteitages als auch einer Mitgliederbefragung gegen den burgenländischen Landeshauptmann obsiegen wird. Denn: „Doskozil hat keine alternative Mehrheit.“ So lange hingegen Rendi-Wagner Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und seine Landespartei hinter sich habe, könne sie zwar wackeln, aber nicht fallen: „Ich gehe davon aus, dass Doskozil zwar Rendi-Wagners schwache Seite aufzeigen kann, aber er kann sie nicht durch eine alternative Mehrheit ersetzen. Das ist wiederum seine schwache Seite“, so der Politikwissenschafter. Wichtig sei allerdings, dass Rendi-Wagner „selbst nicht die Nerven verliert“.

Dass ihr von mancher Seite mangelndes politisches Talent attestiert wird, bestritt der SPÖ-Kenner nicht: „Da ist schon was dran. Aber es ist nicht hoffnungslos.“ Andererseits müsse man sagen: „Ihre Hartnäckigkeit und Überlebensfähigkeit - das ist schon ein politisches Talent. Die Kunst des Machterhalts.“ Im Übrigen sei auch Doskozil nicht unumstritten: Gegen diesen gebe es sogar „viele Vorbehalte in der Partei. Er wird natürlich durch seine burgenländische Vergangenheit eine mögliche Allianz mit der FPÖ ins Spiel bringen. Und das zerreißt die SPÖ“, betonte Pelinka. Hinzu komme, dass offenbar auch der Gewerkschaftsflügel hinter Rendi-Wagner stehe und auch die meisten Frauen in der SPÖ die Vorsitzende nicht fallen lassen wollen.

Könnte ein Dritter der Ausweg sein?

An eine mögliche Doppelspitze glaubte Pelinka am Montag nicht: „Das halte ich angesichts der Vielzahl an Verletzungen, die sich die beiden zugefügt haben, für keine mögliche und auch keine sinnvolle Idee. So zerstritten wie die beiden sind, so blank wie die Nerven liegen.“ Und gab noch einen Exkurs in die Vergangenheit: Eine solche Doppelspitze habe es historisch zwar schon einmal gegeben in der SPÖ - 1986 mit einem Noch-Parteivorsitzenden Fred Sinowatz und einem Kanzlerkandidaten Franz Vranitzky - aber das seien damals auch andere Voraussetzungen gewesen.

Etwas anderes wäre es, wenn eine noch unsichtbare dritte Person plötzlich ins Spiel komme, „die den Ausweg weist“, so der Politikexperte. „Aber diese Person sehe ich nicht. Oder noch nicht.“ Hinzu komme, dass Ludwig, der dafür infrage kommen würde, weiter in Wien bleiben und nicht den Sprung auf die Bundesebene wagen wolle.

(Red./APA)

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