Anklage

Unterlagenverfälschung in 34 Fällen: Donald Trump bekennt sich "nicht schuldig"

Donald Trump im Gerichtssaal in New York.
Donald Trump im Gerichtssaal in New York.(c) APA/AFP/POOL/SETH WENIG (SETH WENIG)
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Zentraler Vorwurf der Staatsanwaltschaft ist, dass Trump mit den Schweigegeldzahlungen die Wahl 2016 beeinflussen wollte. Der nächste Gerichtstermin erfolgt im Dezember. Trumps Anwälte sehen „wenig Fakten“.

Donald Trump ist als erster ehemaliger Präsident in der US-Geschichte vorübergehend festgenommen und angeklagt worden. In der am Dienstag vor einem Gericht in New York offengelegten Anklageschrift wird dem Republikaner vorgeworfen, in 34 Fällen Geschäftsunterlagen verfälscht zu haben. Der 76-Jährige plädierte auf nicht schuldig. Die Anklage steht im Zusammenhang mit einer Schweigegeld-Zahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor der Wahl 2016.

Der Gerichtstermin dauerte rund eine Stunde. Gegen 15.30 Uhr Ortszeit (21.30 Uhr MESZ) verließ Trump das Gerichtsgebäude, stieg in ein schwarzes Auto und fuhr davon. Fragen der Presse beantwortete er nicht. Trump wurde zum Flughafen LaGuardia gefahren, wo er sein Privatflugzeug bestieg. Es wurde erwartet, dass sich Trump am Abend (Ortszeit) nach seiner Rückkehr zu seinem Anwesen in Florida vor Anhängern äußern würde.

Hauptverhandlung könnte mit Wahlkampfauftakt zusammenfallen

Richter Juan Merchan setzte den nächsten Gerichtstermin für 4. Dezember an, die Hauptverhandlung könnte schon im Jänner beginnen und so mit dem Start der US-Präsidentschaftsvorwahlen zusammenfallen. Trump will bei der Wahl 2024 ein Comeback als US-Präsident versuchen. Merchan sagte, dass er den Fall "so schnell wie möglich" behandeln wolle. Beide Parteien rief er zur Zurückhaltung auf. Sie sollen sich Aussagen enthalten, "die Gewalt oder Unruhen hervorrufen könnten".

So sah der Gerichtszeichner die Szenerie vor Gericht in Manhattan.
So sah der Gerichtszeichner die Szenerie vor Gericht in Manhattan.REUTERS

Medienberichten zufolge fuhr die Anklage schwere Geschütze gegen Trump auf. So wurden dem Gericht aktuelle Social-Media-Posts des Ex-Präsidenten vorgelegt, die zeigen sollen, dass Trump seine Gegner einschüchtern wolle. Zentraler Vorwurf der Staatsanwaltschaft ist, dass Trump mit den Schweigegeldzahlungen die Wahl 2016 beeinflussen wollte. Den Wählern sollten mit den Zahlungen an Stormy Daniels und zwei weitere Personen nämlich negative Informationen über den Kandidaten vorenthalten werden. "Wir können nicht zulassen, dass New Yorker Unternehmen ihre Aufzeichnungen manipulieren, um kriminelles Verhalten zu vertuschen", betonte Staatsanwalt Alvin Bragg.

Trump sei „frustriert“, aber auch „motiviert"

Trumps Anwälte wiesen die Vorwürfe zurück. "Es ist traurig, und wir werden dagegen ankämpfen", sagte einer seiner Anwälte, Todd Blanche, nach der Anklageverlesung. In der Anklage "stehen keine Fakten drin", so Blanche. Trump sei "frustriert", "verärgert", aber auch "motiviert", beschrieb er den Gemütszustand seines Mandanten. Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung in dem New Yorker Fall könnten Trumps Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur allenfalls in politischer Sicht beeinträchtigen. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexperten betonen.

Der Gerichtstermin fand auf Wunsch der Verteidigung ohne Live-Fernsehberichterstattung statt. Lediglich einige Fotografen konnten zu Beginn des Termins Fotos machen, mussten den Saal aber schon nach wenigen Minuten wieder verlassen. Medienberichten zufolge wurde von Trump ein Polizeifoto gemacht, auch seine Fingerabdrücke wurden wie bei Angeklagten üblich abgenommen. Auf dem Weg zum Gerichtsgebäude bezeichnete Trump seine bevorstehende Festnahme als "SURREAL". "WOW, sie werden mich FESTNEHMEN. Ich kann nicht glauben, dass so etwas in Amerika passiert", schrieb er auf seiner Onlineplattform Truth Social. Während des Gewahrsams sollten Polizeifotos von Trump gemacht werden und ihm Fingerabdrücke abgenommen werden.

Schweigegeld - Was wurde wie abgerechnet?

Die Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels an sich ist nach US-Recht nicht strafbar. Das Verfahren dreht sich vielmehr um die Frage, ob das Geld falsch abgerechnet und somit gegen Gesetze verstoßen wurde. Bragg wirft Trump laut Anklage vor, "felonies" - Verbrechen - begangen zu haben, was im US-Recht definiert wird über eine etwaige Haftstrafe von einem Jahr oder mehr. Insgesamt summiert sich die Strafdrohung gegen Trump in den 34 Anklagepunkten auf 136 Jahre, doch ist dies nur eine theoretische Möglichkeit. Auf Urkundenfälschung steht eine Strafe von höchstens vier Jahren.

Das Gerichtsgebäude war mit einem Großaufgebot von Polizisten gesichert. Dutzende Unterstützer hatten sich schon Stunden zuvor in unmittelbarer Nähe versammelt. Sie werteten die Anklage als rein politisch motiviert. Sie schwenkten Trump-Fahnen und hielten Schilder hoch, auf denen etwa "Hexenjagd" stand. Zugleich versammelten sich auch Trump-Gegner vor dem Gericht und riefen: "Sperrt ihn ein." Beide Seiten waren durch Absperrungen der Polizei getrennt.

Betont gelassen ließ Trumps Nachfolger Joe Biden den Gerichtstermin kommentieren. Die Anklage gegen Trumps sei "nichts, worauf er einen Fokus legt", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, bei der täglichen Pressekonferenz am Dienstag auf Fragen, ob Biden die Vorgänge in New York rund um Trump verfolge. Wenn Biden Zeit habe, werde er sicherlich die Nachrichten zumindest teilweise mitbekommen, nachdem ja auf vielen Sendern darüber berichtet werde, sagte Jean-Pierre. Biden konzentriere sich aber auf das amerikanische Volk und wolle sich zu einem laufenden Verfahren nicht äußern.

Trump bekommt Unterstützung von Orbán

Trump meldete sich schon in der Früh in einem E-Mail zu Wort. "Heute (Dienstag) ist der Tag, an dem eine regierende politische Partei ihren führenden Gegenspieler VERHAFTET, weil er KEIN VERBRECHEN begangen hat." Kurz nach 13 Uhr Ortszeit (19 Uhr MESZ) verließ er sein Domizil im Trump Tower und bestieg ein Auto, das ihn zum Gerichtsgebäude im südlichen Teil der Insel Manhattan brachte. Dort traf er gegen 13.30 Uhr ein. Der 76-Jährige war am Montagabend von seinem Privatanwesen Mar-a-Lago im US-Staat Florida nach New York gereist, um den Termin wahrzunehmen. Die Nacht auf Dienstag verbrachte er im Trump Tower.

Unterstützung erhielt Trump auch vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. "Kämpfen Sie weiter, Mr. President! Wir sind mit Ihnen", schrieb Orbán auf Twitter und postete dazu ein gemeinsames Foto. Der US-Botschafter in Ungarn, David Pressman, kommentierte das Posting Orbáns am Dienstag mit einem früheren Zitat von dessen Außenminister Péter Szijjártó: "Wir zeigen unseren Respekt, indem wir uns nicht in die Innenpolitik anderer Länder einmischen, unsere Meinung dazu nicht ausdrücken bzw. nicht versuchen, die Meinung anderer zu beeinflussen."

(Ag.)

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