Simmering

Polizeigewalt auf Video - Experte: Verhalten "unzulässig"

APA/EVA MANHART
  • Drucken

Ein Mann widersetzte sich am Sonntag seiner Festnahme. Mehrere Beamte fixierten ihn am Boden, einer schlug den Kopf des Mannes auf die Straße. Die Polizei prüft nun den Vorfall. Der auf Menschenrechte spezialisierte Anwalt Clemens Lahner übt Kritik am Verhalten der Polizei.

Ein 19-jähriger Mann spricht wild gestikulierend mit einem Beamten, ehe er von ihm auf den Boden geworfen wird. Mehrere Polizisten schreiten ein und fixieren den jungen Mann. Danach wird sein Kopf zweimal auf den Asphalt geschlagen.

Unmittelbar danach bildet sich eine Blutlache unter seinem Kopf. „Lass das! Wieso machst du sowas!“, brüllt der 19-Jährige. Ein Kameramann von Puls4 filmt die Szene, das Video geht viral und löst seit dem Vorfall von Sonntagmittag eine hitzige Debatte aus.

Vorfall passierte nach Simmeringer Mord

Kurz vor dem Vorfall hatte auf der Simmeringer Hauptstraße in einem Geschäft gegenüber ein 38-jähriger Iraner eine Schusswunde erlitten, an der er wenig später im Spital starb. Die Polizei war schnell am Tatort und riegelte diesen ab. Der 19-Jährige war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls vor Ort. Er wollte Geld von einem Bankomat abheben, der sich vis-a-vis befand.

Er verstand nicht, weshalb das nicht erlaubt sein sollte. Immerhin habe gerade noch eine Frau vor ihm das Gleiche getan. Die Polizisten wollten sich auf keine Diskussion mit dem offenbar uneinsichtigen Mann einlassen. Schließlich wurde er am Boden fixiert. Danach vorläufig festgenommen. Seine Wunde wurde versorgt. Es folgte eine Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung.

Polizist prüft Vorfall, Beamten weiterhin im Dienst

Die Ermittler seien erst dabei, sich das Originalvideo zu besorgen, um die Ermittlungen entsprechend weiterzuführen, sagte Polizeisprecherin Barbara Gass Dienstagvormittag, man sei mit dem Medium in Kontakt. Die im Internet kursierenden, geschnittenen und teils verpixelten Aufnahmen seien schon zuvor gesichert und gesichtet worden.

„Nunmehr werden alle Informationen zusammengetragen und dann dem zuständigen Gericht übermittelt, wie in jedem anderen Fall auch", betonte die Sprecherin. Eine Beurteilung in einem so frühen Stadium der Ermittlungen könne und wolle sich die Polizei nicht erlauben. Die Beamten seien weiterhin im Dienst und „etwaige dienstrechtlichen Maßnahmen werden geprüft."

Anwalt: Verhalten „ist unzulässig"

Der auf Fälle von Polizeigewalt spezialisierte Rechtsanwalt Clemens Lahner hat das kursierende Video bereits mehrfach angesehen und kommt zu dem Schluss: „Selbst bei allen Unschärfen und Zweifelsfaktoren tue ich mir schwer, in diesem Video irgendetwas wahrzunehmen, das eine Rechtfertigung sein könnten, den Schädel des Mannes zweimal auf den Boden zu knallen.“ Denn sobald die Polizei einen Menschen fixiert hat, „ist alles, das über das Festhalten hinausgeht, unzulässig“, so Lahner zur „Presse".

Auch Amnesty International übt scharfe Kritik und geht von einem „potenziellen Vorfall unrechtmäßiger Polizeigewalt“ aus, wie Teresa Exenberger, Juristin bei Amnesty International Österreich, sagte. Die Handlung des Polizisten sieht Exenberger als Misshandlung an. Vorfälle wie diese sollten laut ihr aber nicht nur medial besprochen, sondern auch wirksam untersucht werden. Sowohl der Grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr als auch Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper kündigten parlamentarische Anfrage an.

Meldestelle zu Polizeigewalt

In diesem Zusammenhang sprach Exenberger auch von der seit langem geforderten unabhängigen Ermittlungs- und Beschwerdestelle, die Misshandlungsvorwürfe untersuchen soll. „Wir begrüßen, dass diese Stelle nun endlich kommt, wobei wir und viele andere Organisationen große Zweifel an der Unabhängigkeit haben, da die Stelle im BAK (Anm.: Bundesamt für Korruptionsprävention und -bekämpfung), einer Institution des Innenministeriums, angesiedelt sein soll“, kritisiert die Juristin. Ähnliche Kritik an der künftigen Meldestelle übt auch Lahner. Sie wird nämlich weiterhin weisungsgebunden sein und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) als Chef haben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

WIEN: MANN IN SIMMERING ERSCHOSSEN
Kommentar

Polizeigewalt: Wo wird gelehrt, Köpfe blutig zu schlagen?

Eine Festnahme gerät aus dem Ruder. Nun muss die Polizei doppelt ermitteln. Gegen den Festgenommenen. Und - wegen offenkundiger Polizeigewalt - gegen sich selbst.
Wien

Video zeigt Fall von mutmaßlicher Polizeigewalt in Wien

Ein Kameramann von „Puls24" filmte, wie Polizisten einen 19-Jährigen zu Boden bringen. Dieser wehrt sich, woraufhin sein Kopf gegen den Boden geschlagen wird. Am Asphalt sind Blutflecken zu sehen
Simmering

Mit Misshandlungsvorwurf konfrontierter Polizist weiter im Dienst

Das Video, aufgenommen von einem Puls24-Kameramann, zeigt, wie bei der Festnahme eines Mannes dessen Kopf mehrfach auf den Boden geschlagen wird. Das Referat für besondere Ermittlungen wurde eingeschaltet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.