Hochrechnungen

Türkei-Stichwahl: Erdogan erklärt sich zu Sieger

Recep Tayyip Erdogan und sein Kontrahent Kemal Kilicdaroglu rittern um das Präsidentenamt
Recep Tayyip Erdogan und sein Kontrahent Kemal Kilicdaroglu rittern um das Präsidentenamt REUTERS
  • Drucken

Laut staatlicher Nachrichtenagentur kommt der türkische Präsident nach Auszählung von knapp 99 Prozent der Stimmen auf 52 Prozent - sein Herausforderer Kilicdaroglu auf 48 Prozent.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat sich noch vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Er danke allen, die es ihm ermöglicht hätten, die nächsten fünf Jahre zu regieren, sagte Erdogan am Sonntag vor jubelnden Anhängern in Istanbul. Erdogan habe bisher rund 55,41 Prozent der Stimmen erhalten, sagte der Chef der Wahlbehörde Ahmet Yener am Sonntag in Ankara. Sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu komme auf 46,59 Prozent der Stimmen.

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu kam der türkische Präsident nach Auszählung von knapp 99 Prozent der Stimmen auf 52 Prozent, sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu auf 48 Prozent. Die oppositionsnahe Agentur Anka verzeichnete fast gleiche Werte.

Rund 61 Millionen Menschen waren in der Türkei zur Abstimmung aufgerufen. Die Wahllokale im Land schlossen um 16 Uhr MESZ. Der 69-jährige Amtsinhaber Erdogan ging als Favorit in die Abstimmung, nachdem er bei der ersten Runde vor zwei Wochen die absolute Mehrheit knapp verpasst hatte. Sein Gegner, der 74 Jahre alte Oppositionsführer Kilicdaroglu, ist für ein Bündnis aus sechs Parteien angetreten.

Zwischen Erdogan und seinem Gegner lagen bei der ersten Runde rund 2,5 Millionen Stimmen. Der Wahlkampf galt als unfair, unter anderem wegen der Medienübermacht der Regierung.

Opposition berichtet von Angriffen auf Wahlhelfer

Schilderungen zufolge gab es im Laufe des Wahltages Angriffe auf Wahlhelfer. Mehrere Politiker der oppositionellen CHP berichteten von körperlichen Attacken gegen sie selbst und Wahlhelfer. Der CHP-Politiker Ali Seker sagte, er und Wahlhelfer der Opposition seien in der Provinz Sanliurfa von einer Gruppe angegangen worden, nachdem sie Unregelmäßigkeiten beanstandet hätten. Auch aus Istanbul, Mardin und Diyarbakir gab es Meldungen von Übergriffen. Der Chef der Wahlbehörde erklärte seinerseits nach Schließung der Wahllokale, es habe bisher keine "negativen Entwicklungen" gegeben.

Erdogan ist seit 20 Jahren an der Macht. Seit der Einführung eines Präsidialsystems 2018 hat er so viel Macht wie nie zuvor. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen. Kilicdaroglu verspricht, das Land zu demokratisieren. International wird die Abstimmung in dem Nato-Land aufmerksam beobachtet.

Republik Erdoğan

Seit über zwei Jahrzehnten bestimmt Recep Tayyip Erdoğan über die Geschicke der Türkei. Er wird geliebt und gehasst, das Land hat sich unter seiner Ägide grundlegend gewandelt. Und seine Basis rückt nicht von ihm ab. Ein Dossier von Duygu Özkan

(Red./APA/dpa/Reuters/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Wahl sei ein historischer Wendepunkt wie die Eroberung von Konstantinopel, sagte Erdoğan in der Wahlnacht vor Anhängern beim Präsidentenpalast von Ankara.
Analyse

Die Türkei rückt vom Westen ab

Mit dem Wahlsieg von Präsident Erdoğan beginnt ein neues Kapitel im Verhältnis der Türkei zum Westen. Europa hat dabei so gut wie keinen Einfluss mehr.
Türkei

Erdogan für dritte Amtszeit vereidigt

Erdogan hatte sich am vergangenen Sonntag in der Stichwahl gegen den sozialdemokratischen Oppositionskandidaten Kemal Kilicdaroglu durchgesetzt. Der 69-Jährige schwor vor den 600 Parlamentsabgeordneten in Ankara, "seine Pflicht unparteiisch zu erfüllen".
Die Wahl sei ein historischer Wendepunkt wie die Eroberung von Konstantinopel, sagte Erdoğan in der Wahlnacht vor Anhängern am Präsidentenpalast von Ankara.
Reportage

Erdoğan verkündet das „Jahrhundert der Türkei“

Die Anhänger des türkischen Präsidenten feiern die Wahl als historischen Wendepunkt und Beginn einer verheißungsvollen Zukunft.
Pizzicato

Erdoğans krasse Konstantinopel-Party

Der türkische Präsident fühlte sich angesichts seines Siegs in der Stichwahl am Pfingstwochenende an die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 erinnert. Das jährte sich zudem am Montag. Wow! Damals floss halt Blut, heute sind's Raki und Freudentränen.
Anhänger des türkischen Präsidenten Erdoğan feierten am Wiener Reumannplatz - manche zeigten dabei auch den sogenannten Wolfsgruß, der in Österreich verboten ist.
Türkei-Wahl

Feiern von Wiener Erdogan-Fans befeuern innenpolitische Debatte

Der türkische Amtsinhaber schnitt in Österreich im internationalen Vergleich besonders gut ab. Die FPÖ spricht von einem "Kalifat Wien", Innenminister kündigt Verfassungsschutz-Ermittlungen an

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.