Interview

Österreichs Ex-Geheimdienstchef warnt vor Russland-Connection der FPÖ

Peter Gridling war von 2008 bis Ende September 2020 Direktor des umstrittenen BVT, mittlerweile Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). 
Peter Gridling war von 2008 bis Ende September 2020 Direktor des umstrittenen BVT, mittlerweile Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN). APA/HANS PUNZ
  • Drucken

Die Freiheitlichen pflegen nach wie vor enge Beziehungen zum Kreml, so der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Peter Gridling, gegenüber der Financial Times. Gerade vor den Nationalratswahlen im kommenden Jahr dürfe man dies nicht unterschätzen.

„Wir müssen sehr wachsam sein, wer für welche Ministerien zuständig ist. Wo auch immer wir die FPÖ in der Regierung haben, müssen wir ihre Absichten und Aktivitäten im Auge behalten.“ Peter Gridling, langjähriger Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), findet gegenüber der Financial Times deutliche Worte.

Gridling macht dies bewusst vor den Wahlen im Herbst 2024, in denen der FPÖ gute Chancen zugeschrieben werden. Sie könnte erstmals sogar den Kanzler stellen, glaubt man den Umfragen.

„Wir waren sehr besorgt über die Kontakte der Freiheitlichen Partei mit Russland“, erinnert sich Gridling an seine Amtszeit zurück. Man habe untersucht, „wie Russland sie finanzieren und ihnen Jobs anbieten könnte“. Oder wie die FPÖ „pure russische Propaganda“ in Diskussionsrunden verbreitete.

„Sie haben sich nicht verändert“

„Sie haben sich nicht verändert“, meint Gridling heute. „Sie haben immer noch Kontakt zu Russland.“ Und weiter: „Geheimdienste sind ein langes Spiel. Und die Russen haben eine sehr langfristige Perspektive.“ Er sei als ehemaliger Regierungsbeamter zwar noch immer zur Verschwiegenheit verpflichtet, könne nicht alles sagen oder nicht alles schreiben, worüber er Bescheid wisse. Er könne aber eine fundierte Einschätzung dazu abgeben, so der Ex-BVT-Chef, der zwischen 2017 und 2019 unter Herbert Kickl als Innenminister arbeitete.

„Sie wollten den Geheimdienst sofort auswechseln“, erinnert er sich zurück. Seine Organisation sei aufgrund von Einmischungen der FPÖ von vielen europäischen Netzwerken zum Informationsaustausch abgeschnitten gewesen. Zeitweise musste er sich weigern, Informationen an freiheitliche Funktionäre weiterzugegeben, die zur Identifizierung von Quellen hätten beitragen können. Als vertraulich eingestuftes Material gelangte dennoch in ihre Hände, so Griedling.

Ein „Tummelplatz für russische Spione“

Auch in seinem Ende August erschienenen Buch „Überraschungsangriff“, in dem er sich mit der BVT-Affäre des Jahres 2018 beschäftigt, äußert sich Gridling kritisch über die FPÖ und ihr „seltsames“ Verhältnis zu Russland. Nun tat er dies auch auch gegenüber einem internationalen Medium. Der Ruf Österreichs als Tummelplatz für russische Spione – ein Grund für zunehmende Besorgnis unter anderen europäischen Ländern – sei wohlverdient, sagte Gridling und verwies auf eine „bemerkenswert hohe“ Zahl verdeckter Ermittler in der Stadt.

Der russische Einfluss in Österreich sei aber nicht nur verdeckt. So importiert die OMV weiterhin einen Großteil ihres Gases aus Russland und habe dafür in diesem Jahr schon Milliarden Euro an den Kreml geschickt, so Gridling. Der Repräsentant der EU-Kommission in Wien, Martin Selmayr, bezeichnete Österreichs Erdgaszahlungen an Russland vergangene Woche als „Blutgeld“ und löste damit einen diplomatischen Eklat aus. Und am Dienstag erklärte die frühere Außenministerin Karin Kneissl, dass sie nach St. Petersburg ziehen werde. Österreich wirft sie eine „schizophrene Haltung“ gegenüber Russland vor.

Entscheidungen sorgfältig abwägen

Gridling betonte im Gespräch mit der Financial Times, dass er jedes demokratische Mandat respektiere, das die FPÖ bei den bevorstehenden Wahlen erhalten werde. Die etwaigen künftigen Koalitionspartner sollten jedoch ihre Entscheidungen „sorgfältig abwägen“ und die Unabhängigkeit von Diensten wie dem BVT wahren.

„Wir leben in einer Demokratie“, und die FPÖ sei eine „legale Partei im politischen Establishment Österreichs“, so der Ex-Geheimdienstchef. Von ihr erwarte er aber: „Schauen Sie, was Sie vorher getan haben. Denken Sie daran, was gesagt wurde. Und stellen Sie sich die Frage: Wie weit gehen Sie für Ihre Parteiinteressen und nicht für die Interessen Österreichs?“ (Red)

>>> Zum Beitrag der „Financial Times“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.