Im aktuellen „Gault&Millau“ haben gleich zwei Köche die fünfte Haube bekommen. Köchinnen sind weiter nur in der zweiten Reihe vertreten. Alain Weissgerber ist Koch des Jahres.
Es war kein leichtes Jahr für die Gastronomie, im Gegenteil. Energiekosten, Inflation, Personalknappheit: Wer noch nicht aufgegeben hat, ächzt – und sogar die Besten mussten zurückschrauben. Wie das Steirereck am Pogusch, das wegen Mitarbeitermangel den Sonntag gestrichen hat. Der aktuelle Restaurantguide von „Gault&Millau“ hält mit guten Nachrichten entgegen: Zum ersten Mal haben gleich zwei Köche den Sprung nach ganz oben gemacht und halten nun fünf Hauben.
Es handelt sich um zwei Kandidaten, bei denen man sich angesichts ihrer Bewertungen in anderen Gourmetführern ohnehin gefragt hat, wo denn die fünfte Haube bleibe: Andreas Döllerer, mit seiner Cuisine Alpine in Salzburg die Galionsfigur der Alpenküche. Und Juan Amador, mit seinem Restaurant in Wien Grinzing der Einzige, der in Österreich drei Michelinsterne hält. Sie befinden sich in bester Gesellschaft: Insgesamt acht Fünf-Hauber gibt es damit nun in Österreich, darunter natürlich das Steirereck, die Obauers, aber auch – seit dem Vorjahr – der junge Benjamin Parth in Ischgl.
„Keine Hauben-Inflation“
„Wir sind mit der fünften Haube sehr zurückhaltend“, sagt „Gault&Millau“-Herausgeberin Martina Hohenlohe. „Das Letzte, was wir wollen, ist, dass die die Hauben inflationär werden. Zwei Mal fünf Hauben: Da musste ich ein paar Nächte drüber schlafen.“ Nach vielen langen Diskussionen sei aber irgendwann klar gewesen, obwohl oder gerade weil Döllerer und Amador so unterschiedlich sind. „Wir können sie nicht dem einen geben und dem anderen nicht.“
„Grün“ für Jeremias Riezler
Eine ganze Menge anderer Preise wurde am Dienstag ebenfalls vergeben: Alain Weissgerber, der seinen Taubenkobel in der Vorweihnachtszeit wieder nach Wien verlegt, diesmal ins Jugendstiltheater am Otto-Wagner-Areal, wurde zum Koch des Jahres gekürt, Jan Egger (Zur goldenen Birn) wurde in der Kategorie Patisserie ausgezeichnet, Melanie Castillo (Barfly’s) für ihre Bar, Helena Jordan als Sommeliere. Das Lebenswerk geht diesmal an Christian Wanek, der Rudis Beisl in Wien zur ultimativen Adresse fürs Martinigansl gemacht hat.
Jeremias Riezler aus dem Kleinwalsertal bekam für seine Walserstuba eine völlig neue Auszeichung: die grüne Haube. „Es ist offensichtlich, dass gerade in der Gastronomie das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig ist“, sagt Hohenlohe. „Das ist so ein großes Feld, wo so viel Handlungsbedarf besteht.“ Jeremias Riezler verwendet ausschließlich regionale Zutaten, sein Restaurant ist umfassend biozertifiziert, er legt seinen Fokus auf alte Rassen und forscht auch nach lang vergessenen alten Traditionen und Rezepten aus dem Alpenraum, die er dann neu interpretiert. Hohenlohe: „Er ist ziemlich kompromisslos.“
Nach der „Frauenpower“, von der im Restaurantguide die Rede ist, muss man dagegen etwas länger suchen: Bei den besonderen Auszeichnungen findet man sie dieses Jahr bei Wein, Bar und Service, auch Topwinzerinnen gibt es im „Gault&Millau“-Weinguide inzwischen viele. Die Spitzenbewertungen für die Küche gehen allerdings weiterhin ausschließlich an Männer. „Die Frauen sind nicht in der ersten Reihe, aber sie sind da“, sagt Martina Hohenlohe. „Wir haben heuer auch ganz stark die Souschefs unter die Lupe genommen, da sind sehr viele Frauen. Die sind in der zweiten, dritten Reihe und unverzichtbar.“ Ob sie den Schritt nach vorn machen, wird man sehen.
Kein Roboter als Wirt
Wie Hohenlohe in die Zukunft blickt? „Ich hoffe, dass die Energiepreise wieder sinken werden, dass da wieder Normalität einkehrt.“ Das Thema Mitarbeiter bleibt eine Herausforderung. Die werde man teilweise durch mehr Digitalisierung angehen – in Organisation und Logistik, wohlgemerkt, eher nicht in der Arbeit mit dem Gast. „Ein Roboter wird nie das Essen servieren oder den Wirt ersetzen. Aber Online-Reservierungen zum Beispiel: Das wird stärker werden.“ Die Gäste würden kommen, sagt Hohenlohe: „In Wien sind die Lokale voll, die Gastronomie ist gut gebucht.“
Auf einen Blick
Der neue „Gault&Millau“-Restaurantguide wurde am Dienstag in Wien vorgestellt.
Zwei Köche steigen in die oberste Liga auf: Andreas Döllerer (Golling) und Juan Amador (Wien). Mit ihnen gibt es nun acht Fünf-Sterne-Restaurants: Konstantin Filippou (Wien), Martin Klein (Ikarus, Salzburg), Silvio Nickol (Wien), Karl und Rudolf Obauer (Werfen), Benjamin Parth (Stüva, Ischgl), Heinz Reitbauer und Michael Bauböck (Steirereck). Haubenstärkstes Bundesland ist Tirol, gefolgt von Salzburg und Wien.
Newcomer ist Peter Fankhauser mit seinem vegetarischen Restaurant Guat’z Essen im Zillertal.
Weitere Preisträger: Eva-Maria Utassy (Geiger Alm in Altaussee, Service Award), Josef Mühlmann (Gannerhof in Innervillgraten, Gastronom), Waldschänke (Weinkarte), Kirchenwirt Leogang (Österreich-Weinkarte), Zum Reznicek (Wirtshaus), Malis Garten (Hotel), Bel Étage im Sacher (Ambiente), Wolfgang Puck (Ambassador 2024).