EU will Einweg-Plastik verbieten: Drei Fragen und Antworten

Archivbild: Plastikbecher auf einem Strand in Griechenland
Archivbild: Plastikbecher auf einem Strand in Griechenland(c) Getty Images (Milos Bicanski)
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Heute hat das EU-Parlament für ein Verkaufsverbot von Einweg-Kunststoffartikeln gestimmt. Welche Produkte auf der Liste stehen - und warum sie verboten werden.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg ein Verkaufsverbot für Einweg-Kunststoffartikel beschlossen und für Verhandlungen mit dem Rat an den zuständigen Ausschuss zurückgewiesen. Unter österreichischem Ratsvorsitz sollen sich die Umweltminister der EU-Staaten noch heuer auf eine gemeinsame Position verständigen, dies sei "eine Priorität des Ratsvorsitzes", hieß es aus Ratskreisen. Danach beginnen die Trilog-Verhandlungen.

1. Was soll verboten werden?

Jene zehn Wegwerfprodukte, die am häufigsten an Europas Stränden gefunden werden und über 70 Prozent der Abfälle im Meer ausmachen, sollen ab 2021 verboten werden. Darunter fallen Teller, Besteck, Strohhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen oder Haltestäbchen für Luftballone.

Auch sehr leichte Plastiksackerl, Produkte aus solchen Materialien, die sehr schnell fragmentieren, aber biologisch nicht abgebaut werden und in der Nahrungskette landen, sowie Fast-Food-Behälter wurden vom Umweltausschuss des Parlaments in die Liste verbotener Produkte aufgenommen.

Die Zahl der Zigarettenfilter, die Plastik enthalten, soll bis 2025 um 50 und bis 2030 um 80 Prozent reduziert werden. Plastikflaschen sollen der Parlamentsvorlage zufolge separat gesammelt werden. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten die Auflage bekommen, bis 2025 Einweg-Plastikflaschen zu 90 Prozent wiederzuverwerten. Neu verkaufte Flaschen sollen zu mindestens 35 Prozent aus recyceltem Material bestehen.

2. Warum soll es verboten werden?

Gigantische Mengen an Plastik verschmutzen die Weltmeere. Wissenschaftler von verschiedenen Universitäten sprechen von 1,8 Billionen Plastikteilen alleine im am stärksten verschmutzten Pazifikgebiet, das sich über eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern erstreckt – das ist 19 Mal so groß wie Österreich. Wie viel es weltweit ist, weiß keiner genau. Schätzungen gehen von bis zu 150 Millionen Tonnen aus. Von Europa aus gelangen laut WWF-Angaben jährlich bis zu 500.000 Tonnen Makroplastik und bis zu 130.000 Tonnen Mikroplastik ins Meer, vor allem ins Mittelmeer. Nach China ist Europa der zweitgrößte Plastik-Produzent der Welt. 2016 sind rund 27 Millionen Tonnen Plastikmüll angefallen - und es wird immer mehr. Die Recycling-Quote liegt bei rund einem Drittel.

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Plastik bedroht nicht nur die Meeresbewohner, es kann sich in kleinste Partikel zersetzen und dadurch in die Nahrungskette gelangen. Wie erst diese Woche bekannt wurde, haben Wiener Forschern erstmals Plastik im Verdauungstrakt des Menschen nachgewiesen.

3. Was sind die Kritikpunkte?

Grundsätzlich gibt es eine breite Zustimmung. Manchen geht das Gesetz nicht weit genug. Denn Plastikflaschen, die einen Großteil des Mülls auf den Stränden ausmachen, sind ausgenommen. Im "Global Brand Audit Report 2018", haben NGOs aus 42 Ländern Plastik auf Stränden gesammelt und analysiert. Insgesamt wurden rund 46.000 Stück PET-Müll eingesammelt, der Großteil davon Getränkeflaschen. Auch nach Marken wurde sortiert: Coca-Cola, PepsiCo und Nestle führen das Ranking an. "Pro Minute werden in etwa eine Million PET-Flaschen produziert, die nach nur wenigen Minuten im Müll oder in der Umwelt landen. Nur ein Bruchteil davon wird recycelt. Coca-Cola und Co. müssen Wegwerfplastik endlich ein Ende setzen und auf Mehrweg- und Pfandsysteme umsteigen", fordert Greenpeace.

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs gibt wiederum zu bedenken, dass die neue Richtlinie das Recycling erschweren werde, da auch Produkte aus Recyclingmaterial von den Verboten betroffen sind: "Daher bietet die Richtlinie keine stabilen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die in Recyclingtechnologien investieren".

(sk/APA)

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