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Mitreden bei der Corona-Strategie: Alle auf zum Massentest?

Mehrere Regierungen setzen auf das Durchtesten der gesamten Bevölkerung - auch Österreich beschreitet diesen Weg. Was halten Sie davon? Wie könnte eine langfristige Strategie in der Coronakrise aussehen? Und: Würden Sie an einem Massentest teilnehmen?

Vieles hat in den vergangenen Wochen in Österreich nicht gut funktioniert: das Contact Tracing überzeugte schon länger nicht mehr und die Wartezeiten auf ein Testergebnis beziehungsweise einen Quarantänebescheid waren oft zu lang. Das zeigen auch die zahlreichen Reaktionen auf einen Beitrag der „Presse"-Querschreiberin Andrea Schurian. Sie berichtete von ihren Erfahrungen mit Covid-19, von überlasteten Leitungen und von einem positiven Testergebnis, das erst nach zwei Wochen eintrudelte. „Ich heulte vor Verzweiflung“, schreibt Schurian. Viele Leser berichteten daraufhin von ähnlichen Erfahrungen.

Und viele zeigten sich enttäuscht vom Krisenmanagement. So auch Gastronom Klaus Piber der in einem Leserbrief schreibt: „Ich bin überzeugt, dass wir noch lang mit dem Virus werden leben müssen.“ Wenn man eine Reihe von Lockdowns vermeiden wolle, müsse man viel schneller werden. „Bei sofortiger kontrollierter Quarantäne würde sich die Zahl der Angesteckten massiv reduzieren.“ Hier könnte auch Finnland ein Vorbild für Österreich sein. Denn dort gelingt das Nachverfolgung der positiven Fälle besser, dementsprechend niedrig sind die Infektionszahlen. Wie Markku Datler berichtet, vertrauen im nordischen Land Millionen auf eine App.

Die Regierung in Österreich hat mittlerweile noch eine anderen Ansatz entdeckt, der zumindest kurzfristig die Zahlen nach unten drücken könnte: Massentests. Möglichst noch vor Weihnachten sollen möglichst viele durchgetestet werden, prioritär Lehrpersonal. Als Vorbild dient die Slowakei, die bereits in zwei Test-Runden Corona-Fälle aufspürte. Allem Anschein nach geht die Strategie auf, wie unser Korrespondent Christoph Thanei berichtet. „Jetzt geht es Corona an den Kragen“, triumphiert die Regierung in Bratislava.

Doch auch Massentests sind kein Allheilmittel. Neben falsch positiven und falsch negativen Resultaten (die in Kauf genommen werden) bergen diese Antigentests auch die Gefahr, dass sie nur Momentaufnahmen liefern. Köksal Baltaci nennt in einer Analyse über die Vor- und Nachteile der Tests. 

Dass die Vorteile überwiegen, hat die Landesregierung in Südtirol, wo die Corona-Zahlen im Herbst ebenfalls nach oben schnellten, für sich entschieden. Mehr als die Hälfte der Einwohner soll getestet werden - freiwillig, allerdings mit Sanktionen.

Apropos Freiwilligkeit: Wie Philipp Aichinger berichtet, würde es die bestehende Gesetzeslage in Österreich ohnehin nicht erlauben, Personen ohne Ansteckungsverdacht zum Test zu verpflichten.  Bei einer Impfung könnte das anders ausschauen, auf die müssen wir aber trotz der jüngsten Erfolge noch länger warten.

Daher fragt sich auch „Presse am Sonntag"-Chefin Ulrike Weiser in einem Leitartikel: Was kommt nach dem Lockdown? „Es kann wohl nicht gemeint sein, dass wir in den Weihnachts-Shopping-Urlaub-Modus wechseln, nur um dann in die nächste Vollbremsung zu stolpern. Die Regierung muss eine langfristige Strategie vorlegen“.

(sk)

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