Straßenschlacht

Linz: Schwere Ausschreitungen in Halloween-Nacht

Ein Großaufgebot von rund 170 Polizistinnen und Polizisten rückte in Linz aus – im Einsatz waren auch Rettungskräfte.
Ein Großaufgebot von rund 170 Polizistinnen und Polizisten rückte in Linz aus – im Einsatz waren auch Rettungskräfte. FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR
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In der Innenstadt lieferten sich rund 200 Männer eine Straßenschlacht mit der Polizei. Nachrichten auf TikTok legen nahe, dass diese geplant war und einem Netflix-Spielfilm nachempfunden ist.

Linz. Zu schweren Ausschreitungen kam es in der Nacht auf Dienstag in Linz, wo sich rund 200 hauptsächlich junge Männer mit Migrationshintergrund eine Straßenschlacht mit der Polizei lieferten. Neun Personen wurden festgenommen, zwei Beamte verletzt.

Den Anfang nahmen die Ausschreitungen am späten Abend. Gegen 21 Uhr gingen die ersten Notrufe ein. Eine große Personengruppe, die sich am Taubenmarkt in der Fußgängerzone getroffen hatte, werfe unkontrolliert Feuerwerkskörper auf Passanten. Ein Großaufgebot von rund 170 Polizistinnen und Polizisten rückte in weiterer Folge aus, darunter auch Cobra-Einsatzkräfte sowie Beamte aus angrenzenden Bezirken.

Die Stimmung war laut Landespolizei-Direktion „angespannt und aggressiv“. Mit zwei Sperrketten versuchten die Einsatzkräfte die Männer abzudrängen, dabei wurden sie mit Böllern, Steinen und Glasflaschen beworfen.

Situation drohte zu eskalieren

Nachdem einige der Jugendlichen auch pyrotechnische Gegenstände gegen Oberleitungen der Straßenbahn warfen, schlugen gegen 23 Uhr die Linz Linien wegen möglicherweise herabstürzender Leitungen Alarm. Dann bestehe Lebensgefahr für Fußgänger, woraufhin der Strom in den Oberleitungen abgestellt wurde. Erst ab 2 Uhr wurde der Betrieb der Straßenbahn in der Fußgängerzone wieder aufgenommen. Um 3 Uhr war der Großeinsatz der Polizei beendet.

Insgesamt wurden 130 Ausweiskontrollen durchgeführt, neun Personen wegen aggressiven Verhaltens festgenommen. Alle werden wegen des Verdachts der schweren gemeinschaftlichen Gewalt und wegen Ordnungsstörung angezeigt. Zwei Polizisten der Polizei wurden leicht verletzt. Bei etwas mehr als der Hälfte der 130 kontrollierten Männer handelt es sich um Syrer und Afghanen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstagnachmittag zur „Presse“. Rund 20 Prozent sind österreichische Staatsbürger (Migrationshintergrund unklar), der Rest Iraker, Iraner, Tschetschenen und Türken.

Netflix-Spielfilm als Vorlage?

Ankündigungen auf der Social-Media-Plattform TikTok – ein Video soll den Titel „Morgen wird Linz zu Athena“ tragen – legen nahe, dass die Ausschreitungen geplant waren. Als „Inspiration“ dürfte der französische Netflix-Film „Athena“ gedient haben. Der Streifen handelt von drei Brüdern, die in der Vorstadt Athena leben und Polizisten für den Tod ihres jüngeren Bruders verantwortlich machen. Als der – von Kriminalität geprägte – Vorort von den Bewohnern in eine Art Festung verwandelt wird, versuchen Sondereinheiten der Polizei, die Kontrolle über den Bezirk zurückzuerlangen. Dabei kommt es zu schweren Ausschreitungen, in die sich auch die Bevölkerung einmischt.

Der Polizei Oberösterreich sind diese Nachrichten auf TikTok bekannt, einen „konkreten Hinweis“, dass die nächtlichen Attacken auf den Film zurückzuführen sind, gebe es aber nicht, hieß es auf „Presse“-Nachfrage.

Noch am Dienstagmorgen ließ Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) ausrichten, dass es in Linz „null Toleranz gegenüber Gewalttätigen“ gebe, „egal welche Motive diese haben“. Zudem bedankte er sich bei der Polizei, „die rasch, zuerst deeskalierend und zuletzt konsequent reagierte“. Auch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) würdigte „den beherzten Einsatz“ der Sicherheitskräfte. „So konnten die Randalierer in die Schranken gewiesen werden und der Bevölkerung Schutz gegeben werden.“ Gleichzeitig betonte er die Notwendigkeit, „die Strafen bei Übergriffen auf Polizistinnen und Polizisten zu verschärfen“.

Die in der Halloween-Nacht begangenen Straftaten seien „Ausdruck einer zutiefst antidemokratischen Einstellung zu unseren rechtsstaatlichen Werten und Haltungen“, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Er habe Landespolizeidirektor Andreas Pilsl und Stadtpolizeikommandant Karl Pogutter beauftragt, einen Sicherheitsgipfel mit dem Linzer Bürgermeister einzuberufen, um „die Situation zu analysieren und die notwendigen Ableitungen zu treffen“.

Die FPÖ Oberösterreich nahm die Ausschreitungen zum Anlass, die Bundes-ÖVP zu kritisieren. „Das ist die sichtbare Rechnung für die verfehlte und verschlafene Migrationspolitik von Bundeskanzler Nehammer und Innenminister Karner“, sagte Landesparteisekretär Michael Gruber.

25 Verletzte durch Reizgas

Zwischenfälle, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, gab es in der Halloween-Nacht nicht nur in Linz. In Ernsthofen (Bezirk Amstetten) wurden 25 Personen auf einer Party verletzt und mussten in Krankenhäuser gebracht werden. Ein Unbekannter hatte kurz vor 1 Uhr Reizgas – vermutlich Pfefferspray – versprüht. Als die Einsatzkräfte eintrafen, lagen Besucher mit Atembeschwerden und massiven Augenreizungen auf dem Boden.

Gleich zu drei Einsätzen wegen Pyrotechnik musste die Wiener Polizei in Floridsdorf ausrücken. Dabei wurde ein Müllcontainer von Unbekannten zerstört, in der Max-Jellinek-Gasse eine Telefonzelle beschädigt. Im Zuge der Fahndung hielten die Beamten eine Gruppe Jugendlicher an, die einen 14-Jährigen als Täter nannten. Dieser wird wegen des Verdachts der Sachbeschädigung angezeigt. In der Mitterhofergasse wiederum hatte es die Polizei mit einer Gruppe aggressiver Jugendlicher zu tun, die zunächst flüchteten, aber mit Verstärkung wiederkamen, die Beamten beschimpften und weiter Pyrotechnik zündeten. Sechs Burschen zwischen 15 und 24 Jahren wurden angehalten und wegen Störung der öffentlichen Ordnung angezeigt. (kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2022)

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