Dienstverhinderungsgesetz

Gilt der Bahnstreik als Dienstverhinderung?

APA/HELMUT FOHRINGER
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Fällt die Bahn als übliches Verkehrsmittel aus, ist das nicht automatisch ein Persilschein für Pendler, der Arbeit fernzubleiben.

Die Bahn ist für viele Arbeitnehmer tägliches Verkehrsmittel zur Arbeit. Fallen wie bei einem Streik die Züge aus, so stellt sich für viele Pendler die Frage nach den rechtlichen Folgen, wenn sie nicht zur Arbeit erscheinen. Der AK Wien-Jurist Philipp Brokes verweist auf das Dienstverhinderungsgesetz, das jedoch keine genauen Definitionen liefert.

"Wenn jemand statt einer Stunde durch einen Streik mehrere Stunden in den Betrieb brauchen würde und die Arbeitszeit nicht bezahlt wird, ist er eher entschuldigt", sagte Brokes. Anders sieht es aus, wenn die Wegzeit als Arbeitszeit gilt und somit bezahlt wird.

"Aber hier gibt es keine eindeutige Antwort. Es muss jeder Arbeitnehmer selber abschätzen, wann etwa Home-Office angeraten ist. Auf jeden Fall sollte das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht werden", rät der AK-Jurist. Normalerweise sei abschätzbar, ob der Weg zur Arbeit zumutbar sei oder nicht.

Schüler bei "Ungangbarkeit“ automatisch entschuldigt

Anders sieht es in den Schulen aus: Jene Schülerinnen und Schüler, die für ihren Schulweg auf die Benützung eines ausgefallenen Zugs angewiesen sind, gelten automatisch als entschuldigt. Dafür braucht es keine ausdrückliche Anweisung der Bildungsdirektion oder des Ministeriums - es ergibt sich vielmehr schon aus dem Schulunterrichtsgesetz. Trotzdem haben viele Bildungsdirektionen über die entsprechende Regelung informiert. Allzu groß war die Beeinträchtigung des Schulbetriebs nicht.

Schüler gelten unter anderem bei "Ungangbarkeit des Schulweges" als "gerechtfertigt verhindert". Darunter fällt auch der Ausfall von Zügen - unabhängig davon, ob es sich um technische Störungen oder Streiks handelt. So wurde dies bereits bei den letzten Protesten der ÖBB bzw. beim Postbus gehandhabt.

Voraussetzung für die Entschuldigung ist aber, dass der jeweilige Schüler auch tatsächlich auf den Zug angewiesen ist. Wer also in Gehweite der Schule wohnt oder eine gleichwertige Busverbindung zur Verfügung hat, muss gehen bzw. den Bus nehmen. Auch wer im Auto der Eltern mitfahren kann, gilt nicht als automatisch entschuldigt - wobei dies im Einzelfall schwer nachzuweisen ist.

Homeoffice für Lehrkräfte schwer möglich

Für Lehrkräfte ist die Situation ähnlich. Auch sie müssen auf andere Verkehrsmittel ausweichen, wenn ihnen das möglich ist - wobei einem Erwachsenen mehr zuzumuten ist als Kindern. Im Zweifel haben aber auch hier die Bildungsdirektionen bereits klargestellt, dass das Fehlen der Pädagogen entschuldigt ist. Bei ihnen kommt im Vergleich zu vielen anderen Arbeitnehmern noch hinzu, dass Homeoffice schwer möglich ist.

In beiden Fällen gilt: Die Abwesenheit muss der Schule mitgeteilt werden - ähnlich einer Krankmeldung.

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(APA/red.)

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