Gute Wiener Küche, ein knuspriges Vier-Pfoten-Gansl und einen freundlichen Herrn Ober gibt es im Haas-Beisl in Wien Margareten.
Warum man eigentlich rund um den 11.November, den Festtag des heiligen Martin, ein Gansl isst? So genau wissen wir es auch nicht, immerhin stehen mehrere Varianten zur Auswahl: etwa jene, dass sich der bescheidene Martin, der sich als unwürdig für das Bischofsamt hielt, vor ebendieser Weihe in einem Gänsestall versteckt hat, die Gänse ihn aber durch ihr lautes Geschnatter verraten haben und er doch zum Bischof geweiht werden konnte. Oder aber die heidnische Variante: dass am Martinstag das neue Wirtschaftsjahr des Bauern begann, was für diesen Zahltag bedeutet – und bezahlt wurde eben auch in Naturalien, zum Beispiel in Gänsen, dann musste man die Tiere auch nicht durch den Winter füttern. Wir vermuten ja fast, dass Martinigansln mittlerweile gegessen werden, weil man es immer schon so macht.
Also machen auch wir es so, zum Beispiel im Haas-Beisl in der Margaretenstraße 74 (Mo–Fr: 10–24 Uhr, Sa: 11–22 Uhr, So: 11–15 Uhr, ✆ 01/586 25 52), generell eine gute Adresse für Traditionelles. Das Lokal ist klein genug, um noch als Raucherlokal durchzugehen, das Ambiente so, wie es sich für ein gemütliches, uriges Wiener Beisl gehört, wenn auch eines mit weißen Tischdecken. Und der Kellner, viel mehr ein Herr Ober, ist einer, der das seltene Kunstwerk zusammenbringt, seine Sache gut zu machen und freundlich zu sein.
Die Gansleinmachsuppe mit Bröselknöderl (4,20 Euro) würde anderorts wohl ob der Größe als Hauptspeise durchgehen. Keine Sensation, aber schön sämig, mit viel Gemüse und geschmacklich gut. Das Gansl selbst kommt klassisch mit Erdäpfelknödel und Apfelrotkraut oder warmem Speckkraut daher (17,90 Euro), der Herr Ober selbst ist ganz begeistert: „Heuer haben wir eine ganz tolle Qualität, sogar ein Vier-Pfoten-Gansl.“ Er hat recht, das Fleisch ist schön zart, die Kruste knusprig, das Rotkraut angenehm fruchtig. Aber ein Gansl ist eben ein Gansl. Jetzt wissen wir wieder, warum wir das Gansl nur im November essen: weil es selbst im Haas-Beisl, in dem auch sonst nicht gerade leichte Küche – und gute Innereien (tolle geröstete Leber, 7,50 Euro) – auf der Karte stehen, zum Deftigsten zählt. Bis zum nächsten Jahr haben wir das aber wieder vergessen und kommen wieder.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2013)