Wenig Weichselbraun, viel Knoll und aus dem Off flogen Witze und Strafgelder. Der Ball für die oberen 5150 im ORF.
„Hier kriechen Leute aus ihren Löchern, die sieht man ja sonst nicht. Und man glaubt nicht, wie schön sie sind“, retten sich Dr. Bohl, das sind die Comedy-Brüder Paulus und „Benji“, aus dem Interview mit Mirjam Weichselbraun. Während die beiden den 66. Wiener Opernball auch als „großartige Sozialstudie“ für ihre Kabarettarbeit nutzen, durfte das der Couch-Ballbesucher wieder ganz ungeniert zum Privatvergnügen machen. Aus der Ferne war das Logenhopping der oberen 5150 ja wieder ganz lustig. Aus der Nähe wurde es manchmal seltsam, vor allem, wenn die Gäste am Red Carpet mit robusten Vermögenswerten geprahlt haben: „Hamma ein Budget, Schatz? Hahaha“. Und dann war auch noch Opernstar und Uhrensammler Piotr Beczala völlig zeitlos unterwegs, weil er seine Patek Philippe verlegt hatte. Soll nichts Schlimmeres passieren.
Für Staatsoperndirektor Bogdan Roščić haben es manche - Beczala ausgeschlossen, der darf sicher wiederkommen - dann aber doch zu wild getrieben. Er schloss den Ball mit der Androhung einer strengeren Türpolitik fürs kommende Jahr: „Manche fühlen sich von einer Darbietung wie der einer Garanča beim Saufen gestört.“ Und: „Nur, weil man sich eine Karte oder Loge leisten kann, darf man sich hier nicht alles erlauben“. Gutes Benehmen ist wieder gefragt, Ioan Holender lässt grüßen.
Stets gut benimmt sich Mirjam Weichselbraun bei ihrer Arbeit für den ORF, die gute Fee des Opernballs musste man bei der 66. Edition aber suchen, sie war nicht so präsent wie gewohnt. Viel unterwegs war dafür Moderator Andi Knoll auf seinem zweiten Arbeitseinsatz. Und es lag ihm nach wie vor. Anders als Marion Benda, seiner debütierenden Kollegin, behielt er Charme und Überblick. Christoph Wagner-Trenkwitz und Karl Hohenlohe kommentierten (als Draculas mit wehendem Cape) zum 22. Mal aus dem Off. Neuester Schmäh: eine Strafgebühr für den Sager „Ball der Bälle“. Um den Erlös konnten sie sich am Ende ihres Jobs wahrscheinlich das eine oder andere Würstel leisten.
Ertragreich war auch die Frauenpräsenz am Ball. Zum ersten Mal gab es mit der Mezzosopranistin Elina Garanča und der spanischen Sopranistin Serena Sáenz zu „Barcarolle“ ein rein weibliches Duett. Zwei Damenpärchen mischten sich unter das Eröffnungskomitee. Priscilla Presley zwang ihren Gastgeber Richard Lugner (immerhin schon ü90) in die müden Knie („I bin scho am Sand“). DJ Ötzi streute seiner Lisa-Marie Rosen und war ganz ehrlich happy, „so eine tolle Tochter zu haben“. Alessandra Meyer-Wölden hielt ihren Ex-Mann Oliver Pocher unter Kontrolle, darüber waren dann auch alle anderen happy. Heino wird seine Hannelore nie vergessen, davon konnte ihn die schönste Eröffnung nicht ablenken. Und dass Bundeskanzler Karl Nehammer am Abend noch ein Gespräch über das letzte Matriarchat Europas, die Ostseeinsel Kihnu, bevorstand, darüber amüsierte sich die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas schon im Vorfeld: „Er fürchtet sich schon ein bisschen“.