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„Politisches Schauspiel“: Niko Alm über Bewerbung zum ORF-Generaldirektor

Niko Alm a self described pastafarian a member of the Church of the Flying Spaghetti Monster met t
Niko Alm a self described pastafarian a member of the Church of the Flying Spaghetti Monster met t(c) imago/Russian Look (imago stock&people)
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Der Medienunternehmer und Aktivist überlegt, für den Posten des ORF-Generaldirektors zu kandidieren und kritisiert den Bewerbungsprozess: Er schließe externe Bewerber so gut wie aus, fördere Betriebsblindheit und politische Abhängigkeiten.

Zwei Bewerber für den Posten des ORF-Generaldirektors sind bereits seit längerem bekannt, heute folgte ein dritter. Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz hat seine Kandidatur bereits im Mai bekannt gegeben, vergangene Woche kam ORF-1-Channelmanagerin Lisa Totzauer hinzu. Heute hat sich Vize-Finanzdirektor Roland Weißmann aus der Deckung gewagt. Er gilt seit geraumer Zeit als Favorit der ÖVP, die im Stiftungsrat die Mehrheit hat und den ORF-Chefposten im Alleingang bestimmen kann. Ein weiterer Kandidat mit einigem Bekanntheitsgrad könnte ebenfalls hinzukommen: Der Medienunternehmer und Aktivist Niko Alm überlegt, sich zu bewerben, wie er in einem Blogpost bekannt gab.

In diesem Post übt Alm heftige Kritik am Bewerbungsprozess: „Dass sich überhaupt jemand von außerhalb der politisierten ORF-Sphäre bewirbt, ist weder gewünscht, noch wird es gefördert“, schreibt er. Zwar ist in der Ausschreibung nicht explizit davon die Rede, dass man den ORF von innen her kennen muss, doch der Blick auf die vergangenen Generaldirektoren verrät: Seit Gerhard Zeiler, der den ORF 1994 bis 1998 leitete, war niemand mehr von extern gekommen. Und auch Zeiler war im ORF groß geworden.

Dass Kandidaten von außerhalb unerwünscht seien, schließt Alm auch daraus, wie mit seiner möglichen Bewerbung umgegangen werde: In der Ausschreibung wird unter anderem ein „Konzept zur mittel- und langfristigen Entwicklung des ORF als öffentlich-rechtliches Medienunternehmen“ gefordert. Um ein solches zu erstellen, bat er vom ORF um Unterlagen hinsichtlich der Finanzen, Organigramme der Unternehmensbereiche etc. Diese bekam er nicht, sondern ihm wurde auf Nachfrage mitgeteilt: „Sie haben Ihre Fragen zur Bewerbung als Generaldirektor_Generaldirektorin an das Postfach bewerbungen@orf.at gerichtet. Dieses Postfach ist der Abteilung Strategische Planung und Administration zugeordnet, in deren Zuständigkeitsbereich der genannte Bewerbungsprozess nicht fällt“, heißt es in einem Mail. „Mangels Zuständigkeit wird diese (Alms Anfrage, Anm.) aus datenschutzrechtlichen Gründen umgehend gelöscht.“ Wohin er seine Fragen richten könne, wurde ihm nicht mitgeteilt.

Alms Schlussfolgerung: „Wer nicht im ORF oder in einem Naheverhältnis zu diesem Medienhaus und einer größeren Regierungspartei aufgewachsen ist, kann in der österreichischen Real-Medienpolitik nicht zur Generaldirektor:in oder zum Generaldirektor des größten österreichischen Medienhauses werden.“

„Die Ausschreibung zur Generaldirektion entspricht genau dem politischen Schauspiel, für das es alle halten und das es auch einfach ist“, meint er. Mehr noch: „Der Prozess begünstigt gealterten Nachwuchs aus dem ORF ungemein und erschwert die Überwindung von Betriebsblindheit durch das Hereinholen internationaler Spitzenkräfte im Medienmanagement. Als Folge werden politische Abhängigkeiten von Parteien und internen Seilschaften in den Job mitgebracht.“

Auch pikant: Alm wurde vom ORF zwar zugesichert, dass seine Anfrage vertraulich behandelt wurde. Doch wurde er bereits am Tag, nachdem er seine erste Anfrage an bewerbungen@orf.at  abgeschickt hatte, von er von Jemandem mit Kontakten in den Stiftungsrat auf seine potenzielle Bewerbung angesprochen.

Alm hat sich bereits einmal für einen Posten im ORF beworben, im Dezember 2019: Als Geschäftsführer der ORF Online und Teletext GmbH, „weil ich sehen will, wie der ORF auf meine Bewerbung reagiert“, so Alm. Außerdem habe die Ausschreibung „nahezu perfekt auf meine Qualifikation“ gepasst. Alm war Herausgeber und Manager des Magazins „Vice“, Neos-Mediensprecher und Nationalratsabgeordneter (2013 - 2017) sowie Geschäftsführer der Rechercheplattform „Addendum“. Der ORF-Job ging – wie zuvor bereits monatelang spekuliert – an Weißmann. Im Juli bekam Alm die Absage. Zu einem Gespräch eingeladen worden war er nicht.

>> Blogpost von Niko Alm

>> Stellenausschreibung für den ORF-Generaldirektor

(her)

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