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Von "Brückenbauer" bis "fallen gelassen": Reaktionen auf den Rücktritt von Kurz

Werner Kogler wünscht Sebastian Kurz alles Gute.
Werner Kogler wünscht Sebastian Kurz alles Gute.APA/ROLAND SCHLAGER
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Die ÖVP-Landeshauptleute würdigen die Leistungen von Sebastian Kurz und sprechen ihm ihren Dank aus. SPÖ-Chefin Rendi-Wagner und FPÖ-Obmann Kickl glauben, dass der Druck auf ihn zu groß wurde.

Mit Dank und Lob, aber auch Kritik reagiert die heimische Politik auf den Rücktritt von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Grünen-Chef Werner Kogler trat zu Mittag für eine kurze Stellungnahme vor die Kameras: Er habe „ganz ganz großen Respekt" vor Kurz' Entscheidung. „Wir haben gemeinsam in der Bundesregierung trotz aller Unterschiede viel erreicht“, betonte er, wie etwa die Steuerreform, die Wirtschaftshilfen, die soziale Absicherung für viele Menschen in der Krise: „Danke dafür. Ich wünsche Sebastian Kurz und seiner Familie alles Gute."

Die personellen Entscheidungen der ÖVP seien "genau ihre“. Gefragt nach Innenminister Karl Nehammer, der ja neuer ÖVP-Chef und Kanzler werden soll, sagte Kogler nur, er habe mit dem Innenminister eine „hervorragende Zusammenarbeitsbasis". Das grüne Team werde jedenfalls das gleiche bleiben. Man sehe derzeit wieder einmal, dass seine Partei für Stabilität sorge.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte in einer Aussendung: „Ich habe heute Sebastian Kurz in einem Telefonat
herzlich für seine Tätigkeit als Bundeskanzler der Republik
Österreich sowie zuvor als Außenminister und Staatssekretär gedankt. Bedankt habe ich mich auch für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und ich habe ihm alles Gute für die Zukunft gewünscht."

Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hat Kurz als "Brückenbauer" und durch seine Art, Politik zu leben, "Österreich besser gemacht". Er habe dazu beigetragen, dass ein Umdenken im Land stattgefunden habe. „Ich habe größten Respekt vor seiner Entscheidung und wünsche ihm für seine Zukunft alles erdenklich Gute".

„Politik ist sehr fordernd, Lebensumstände ändern sich“, kommentierte Wirtschaftsbund-Präsident Harald Mahrer. „Die Entscheidung, sich auf die Familie und einen neuen Lebensabschnitt zu konzentrieren, ist anzuerkennen.“

Kurz habe maßgeblich dazu beigetragen, diese „wieder zu einer breiten Volkspartei zu machen“, sagte der (noch) stellvertretende Klubchef August Wöginger. Sein Ausstieg aus der Politik sei ein großer Verlust. Und er betont, Österreich würde einen Politiker mit Weitblick verlieren.

Opposition sieht erwartbaren Schritt

FPÖ-Obmann Herbert Kickl sieht sich durch Kurz' Rücktritt bestätigt: „Ich habe am Beginn des Jahres gesagt, Sebastian Kurz muss weg, jetzt ist er weg", sagte er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, bei der er sich eigentlich der türkis-grünen Coronapolitik widmen wollte. „Der Druck ist zu groß geworden, er hat ja viele Fronten offen“, fügte er an. Und analysierte: „Er ist zuletzt allein auf weiter Flur gestanden, die Partei hat ihn fallen gelassen und er zieht jetzt die Konsequenzen daraus.“ 

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger schrieb auf Twitter: „Ich wünsche Dir @sebastiankurz aufrichtig alles Gute. Bei allem was wir in der Politik unterschiedlich gesehen haben, was letztlich auch bleibt ist der Mensch und dem gebührt auch Dank für seine Arbeit!"

"Dieser Schritt war erwartbar, er war eine Frage der Zeit", meinte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einem Statement. Und auch sie glaubt ähnlich wie Kickl: "Offenbar ist der Druck jetzt so groß geworden, dass er die Konsequenz selbst gezogen hat." Die Entscheidung sei "selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen", so die SPÖ-Obfrau. Die Frage sei nun jedoch, wie es mit der Bundesregierung und der türkis-grünen Koalition weitergehe, "die in den letzten Wochen nicht wirklich Handlungsfähigkeit an den Tag gelegt hat".

SPÖ-Bundesländer zwiegespalten

Der burgenländische Landeshauptmann und SPÖ-Landesparteichef Hans Peter Doskozil forderte eine Neuwahl im Frühjahr. Dies sollte auch die Corona-Pandemie nicht verhindern: "Gerade in der Pandemie hat diese Regierung keine gute Performance gemacht. Das macht einen Neustart noch nötiger. Es ist jetzt der Zeitpunkt, die Wähler zu befragen", erklärte Doskozil. Fliegende Personalrochaden in der ÖVP lehnt er ab: "Es kann auch nicht sein, dass man jetzt wie in einem Puppentheater nach Gutdünken die nächsten Rollen besetzt."

Für den Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) seien Neuwahlen in der Pandemie aber „keine gute Idee“. Er geht davon aus, dass sich der Stil der ÖVP ohne Kurz an der Spitze ändern werde. Die Partei sei unter seiner Führung deutlich nach rechts gerückt, meinte er gegenüber dem ORF Kärnten. Außerdem dürften auch die schwarzen Landeshauptleute mehr Mitsprache bekommen: „Was die Mitsprache und Gestaltungsmöglichkeit der Landeshauptleute betrifft, davon gehe ich aus“, so Kaiser. Und weiter: Was jetzt im internen Bereich der ÖVP passiert, ist ihre Sache."

Dankesworte aus den ÖVP-geführten Bundesländern

Diese reagierten mit Dank und Lob. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) etwa betonte gegenüber dem ORF, es habe "kein Drängen der Länder“ gegeben, der Rücktritt sei Kurz' persönliche Entscheidung. Die Landeshauptleute wollen nun jedenfalls „keine Übergangslösung". Stelzer geht nicht davon aus, dass der derzeitige Kanzler Alexander Schallenberg ÖVP-Chef werden wolle.

Für Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ist es eine "höchstpersönliche", aber auch "richtige Entscheidung, um in der ÖVP wieder geordnete Verhältnisse herzustellen". Dem ehemaligen Bundeskanzler gebühre "großer Respekt für diesen wohlüberlegten Schritt". Für den Tiroler Landeschef Günther Platter ist die Entscheidung "zu akzeptieren und letzten Endes auch nachvollziehbar".

Für den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) kommt sie nicht überraschend. Sebastian Kurz habe die Volkspartei „in lichte Höhen geführt“, sagt er, was die Wahlen angeht. Dies dürfe man „auch in dieser Stunde“ nicht vergessen. Aber: „Die Lage hat sich aber erheblich geändert. Ich respektiere seine Entscheidung, die letztlich unausweichlich war.“

Für den Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gilt es jetzt, "nach vorne zu schauen. Wichtig ist jetzt, dass wir mitten in der Pandemie weiterhin eine stabile Bundesregierung haben", betonte Wallner. Auch die Handlungsfähigkeit der Partei müsse sichergestellt sein. "Dazu sind rasche Entscheidungen notwendig", verwies Wallner auf den bereits am Freitag tagenden Bundesparteivorstand. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer attestierte Kurz, die ÖVP modernisiert zu haben, die Volkspartei habe ihm wesentliche Wahlerfolge zu verdanken.

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(Red./APA)

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