Regierungskrise

Rechtspartei Fratelli d'Italia in Umfrage stärkste Partei

Archivbild: Von den Vertretern der eher rechtsgerichteten italienischen Parteien kann sich Giorgia Meloni (Mitte) mit den Fratelli d'Italia die größten Chancen ausrechnen. (Links: Salvini, Rechts: Berlusconi)
Archivbild: Von den Vertretern der eher rechtsgerichteten italienischen Parteien kann sich Giorgia Meloni (Mitte) mit den Fratelli d'Italia die größten Chancen ausrechnen. (Links: Salvini, Rechts: Berlusconi)REUTERS
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Sollte es in Italien zu Neuwahlen kommen, können sich die Rechtspopulisten der Fratelli d'Italia laut Umfragen große Hoffnungen auf den Sieg machen. Die Sozialdemokraten liegen demnach auf Platz zwei.

Die rechtspopulistische Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens/FdI) würde laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage zur stärksten Einzelpartei des Landes aufrücken, sollte es nach einem Regierungssturz zu vorgezogenen Neuwahlen im Herbst kommen. Die Partei um die Rechtspopulistin Giorgia Meloni würde es demnach auf 22 Prozent schaffen. Die FdI ist die einzige Kraft im italienischen Parlament in Opposition zur Konzentrationsregierung unter Premier Mario Draghi.

Zweitstärkste Kraft in der von der Tageszeitung "La Stampa" veröffentlichten Erhebung, die vom Meinungsforschungsinstitut "Euromedia Research" durchgeführt wurde, ist die Demokratische Partei (PD) mit 21,8 Prozent der Stimmen, gefolgt von der rechte Lega um Ex-Innenminister Matteo Salvini mit 14,6 Prozent.

Fünf Sterne könnten massiv an Zustimmung verlieren

Die linkspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung, die vergangene Woche die aktuelle Regierungskrise ausgelöst hatte, ist auf 10,7 Prozent deutlich zurückgefallen. Die Anti-Establishment-Bewegung hatte die Parlamentswahlen im März 2018 gewonnen und ist die derzeit stärkste Einzelpartei im italienischen Parlament, allerdings mittlerweile gespalten. Die rechtskonservative Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi müsste sich laut der Umfrage mit 8,6 Prozent begnügen.

In Italien sind spätestens im Frühjahr 2023 Parlamentswahlen fällig. Sollte die seit Februar 2021 amtierende Regierung um Premier Draghi am Mittwoch stürzen, könnte es allerdings zu vorgezogenen Parlamentswahlen im Herbst kommen, ein Unikum in Italien, da im Land bisher stets im Frühjahr das neue Parlament bestimmt wurde. Als mögliche Wahltermine gelten der 25. September oder der 2. Oktober.

Gespräche laufen, Ausgang ungewiss

Im Hinblick auf den Stichtag Mittwoch, an dem Premier Mario Draghi dem italienischen Parlament über die Regierungskrise berichten wird, hat der Ministerpräsident am Dienstag mehrere politische Gespräche geführt. So traf Draghi Staatschef Sergio Mattarella im Quirinal, dem Präsidentenpalast in Rom. Außerdem sprach er mit dem Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Enrico Letta. Draghi feilt an seiner Ansprache vor dem Parlament, in der er über die politische Lage berichten wird.

Auch die Parteien führten Gespräche in Hinblick auf Draghis Rede, der eine Vertrauensabstimmung im Parlament folgen wird. Die Fünf-Sterne-Bewegung, Italiens stärkste Einzelpartei, ringt um eine gemeinsame Linie. Ein Flügel um Parteichef Giuseppe Conte drängt auf einen Austritt aus der Regierungskoalition, was zu Neuwahlen führen könnte.

Ein gemäßigterer Flügel um den Minister für die Beziehungen zum Parlament, Federico D'Incà, bemüht sich dagegen um einen Verbleib der Cinque Stelle in der Koalition. Sollte die Fünf-Sterne-Bewegung aus der Koalition austreten, wären etwa 15 weitere Parlamentarier bereit, die Cinque Stelle zu verlassen, um sich der von Außenminister Luigi Di Maio gegründeten Fraktion Insieme per il futuro (Miteinander für die Zukunft) anzuschließen, die die Regierung Draghi unterstützt. Einige Abgeordnete betonten, dass bis Mittwoch eine gemeinsame Position gefunden werden müsse, um die Meinungsverschiedenheiten der vergangenen Wochen zu überwinden und eine weitere Spaltung der Partei zu vermeiden.

Fünf-Sterne-Chef und Ex-Premier Giuseppe Conte fordert von Draghi Garantien, dass die Regierung politische Prioritäten der Bewegung wie einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn und den Erhalt des Grundeinkommens für Menschen unterhalb der Armutsgrenze im kommenden Jahr durchsetzt. Conte verlangt die Umsetzung eines Neun-Punkte-Programms, das die Partei dem Premier bereits vor einigen Wochen vorgelegt hatte, als Bedingung für ihren Verbleib in der Mehrparteienkoalition.

(APA)

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