Justiz

Kampf gegen acht Jahre Gefängnis: Grasser ergreift letzte Chance

Karl-Heinz Grasser im Buwog-Prozess.
Karl-Heinz Grasser im Buwog-Prozess.APA/Hans Punz
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Heute hat Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser eine umfangreiche Nichtigkeitsbeschwerde gegen seine Buwog-Verurteilung eingebracht. Dabei geht es für den Ex-Politiker um sehr viel: Nur wenn dieses Rechtsmittel Erfolg hat, könnte ihm das Gefängnis erspart bleiben.

Wegen Untreue, Beweismittelfälschung und Geschenkannahme ist der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser (vormals FPÖ, dann ÖVP-nahe) am 4. Dezember 2020 im Straflandesgericht Wien zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Dabei ging es um die Buwog-Affäre. Der Ex-Politiker soll an einer für die Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften (darunter die „Buwog") geflossenen Provision illegal „mitgeschnitten“ haben. Im schriftlichen Urteil heißt es: "Aus seinen Tathandlungen erhellt, dass der Angeklagte (. . .) gegenüber rechtlich geschützten Werten eine besonders gleichgültige Einstellung hegt".

Gleich nach Verkündung des Urteils meldete Grasser Rechtsmittel an. Zwei Jahre und zwei Monate später ist es nun soweit: Die Rechtsmittel, nämlich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, wurden eingebracht. 

Mit Einbringung dieser Rechtsmittel nimmt der Ex-Politiker mit dem Kürzel KHG seine letzte Chance wahr, von der Verurteilung - und natürlich vor allem von seiner Gefängnisstrafe noch wegzukommen.

Entscheiden wird nun der Oberste Gerichtshof (OGH). Zuerst wird die Generalprokuratur eine Art Gutachten zu den Rechtsmitteln verfassen und auf diese Art dem OGH den Weg weisen. Der OGH ist freilich in seiner Entscheidung frei. Er kann die Rechtsmittel verwerfen. Dann wird die Strafe rechtskräftig und Grasser bekommt eine Aufforderung zum Haftantritt. Er kann aber auch den Rechtsmitteln ganz oder teilweise folgen. Dann könnte es sein, dass der Prozess wiederholt werden muss. Möglich ist auch, dass Teile des Prozesses wiederholt werden.

Jedenfalls bekämpft Grasser das Urteil auf allen Ebenen: formell und materiell. Er sieht also sowohl inhaltliche als auch (formal-)rechtliche Fehler. So argumentiert er etwa, dass durch seine Rolle, die er als Finanzminister hinsichtlich der Buwog-Privatisierung innehatte, gar kein Finanzschaden für die Republik entstanden sei. Und freilich bekämpft er auch die Strafhöhe (per Berufung).

Auch Verfassungsrichter werden eingeschaltet

Mehr noch: Er brachte nun auch eine Verfassungsgerichtshof-Beschwerde ein. Denn: Der Mann der erkennenden Richterin (ein Schöffensenat war am Werk, den Vorsitz führte Richterin Marion Hohenecker) habe schon vor dem Prozess zu erkennen gegeben, dass er nicht objektiv in Bezug auf Grasser sei. Daher hatten die beiden Anwälte, die nun auch die Rechtsmittel geschrieben haben, Manfred Ainedter und Norbert Wess, einen Antrag auf Ablöse der Vorsitzenden wegen möglicher Befangenheit eingebracht. Der Antrag war abgelehnt worden.

Es ist eine Besonderheit der österreichischen Strafprozessordnung, dass der Senat selbst über einen solchen Antrag entscheidet. Sprich: Der möglicherweise befangene Richter entscheidet über sich selbst. Diese Bestimmung unterlaufe rechtliche Standards, wird nun argumentiert - und sei daher verfassungswidrig. Sieht dies der Verfassungsgerichtshof auch so, müsste das Gesetz geändert werden. Und Grasser könnte aufgrund der neuen Rechtslage erneut sein Glück versuchen.                        


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