Geheimdienst

Was wir bisher über die Spionageaffäre um Egisto Ott wissen

Presse/Winkler
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Der frühere Verfassungsschützer Egisto Ott sitzt in U-Haft, weil er für Russland spioniert haben soll. Wie hat alles begonnen, welche Vorwürfe gibt es konkret und wer ist der Mann, der hinter einem der größten Spionageskandale der österreichischen Geschichte stecken soll?

Seit dem heurigen Karfreitag kennt die österreichische Innenpolitik kaum ein anderes Thema als Spionage. Am 29. März wurde der frühere Verfassungsschützer Egisto Ott unter anderem wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs festgenommen. Täglich werden seither neue Details und Vorwürfe bekannt. Doch wie hat alles begonnen, welche Vorwürfe gibt es und wer ist der Mann, der hinter einem der größten Spionageskandale der österreichischen Geschichte stecken soll?

Schon seit 2017 ermittelt die Staatsanwaltschaft - nach Hinweisen ausländischer Geheimdienste - gegen den damaligen Beamten im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Ott machte zahlreiche Abfragen über polizeiliche und europäische Datenbanken zu Personen mit russischer Herkunft - mutmaßlich ohne Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit. Der Verdacht: Ott habe diese Daten an russische Nachrichtendienste verkauft. Welcher Quellen er sich bei seiner Spionage über die Jahre bedient haben soll, steht in der Festnahmeanordnung, die der „Presse“ vorliegt:

Ebenfalls im Jahr 2017 fiel ein Ausflug hochrangiger Mitarbeiter des Innenministeriums buchstäblich ins Wasser: Ein Kanu kenterte, Handys wurden nass und gingen an einen IT-Techniker des Verfassungsschutzes zur Reparatur. Dieser soll Kopien an Ott weitergebeben und dieser sie 2022 an russische Geheimdienste übergeben haben. Hinweise aus Großbritannien auf diese Vorgänge führten schließlich auch zu der Festnahme Otts am 29. März 2024.

Aber zurück ins Jahr 2017: Ott wurde in diesem Jahr suspendiert, weil er der Geheimhaltung unterliegende E-Mails von seinem dienstlichen an seinen privaten Mailaccount geschickt haben und „als nachrichtendienstliche Quelle für Staatsgeheimnisse fungiert“ haben soll. Anfang 2018 hob das Bundesverwaltungsgericht die Suspendierung allerdings auf, weil sie nicht ausreichend begründet gewesen sei. Ott wurde an die Sicherheitsakademie versetzt, soll aber weiterhin spioniert haben.

Im Zuge des Wirecard-Skandals wurden neue Vorwürfe gegen ihn laut. Gemeinsam mit dem Ex-BVT-Mitarbeiter Martin W. soll Ott dem damaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek sensible Daten verkauft haben, auch nach dessen Flucht im Juni 2020. Marsalek soll als Teil einer „nachrichtendienstlichen Zelle“ jahrelang für Russland spioniert haben und dort auch untergetaucht sein - angeblich als Priester getarnt.

Die Causa Ott könnte auch zu einer Neubewertung der 2018 durchgeführten BVT-Razzia führen. Denn einige Spuren deuten nun verstärkt nach Russland. Ott soll jenes anonyme Konvolut mit Vorwürfen gegen BVT-Beamte geschrieben haben, das die Hausdurchsuchung ausgelöst hat. 

Ott saß 2021 bereits einmal in Untersuchungshaft, kam nach wenigen Wochen aber wieder frei. Nun sitzt er in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft und weist den Vorwurf der Spionage zurück: In seiner Beschuldigteneinvernahme am 30. März sagte er: „Wir sind grundsätzlich keine geheimdienstliche Gruppierung und fallen nicht unter den § 256 StGB ff oder politisch tätige Personen. Wir decken egal wo einfach Schweinereien meistens mit nachrichtendienstlichem Hintergrund auf“.

Ebenfalls festgenommen wurde Otts ehemaliger Schwiegersohn. Was ihm genau vorgeworfen wird, lesen Sie hier:

Wie es überhaupt so weit kommen konnte? Andere Staaten wie die Niederlande haben in den vergangenen Jahren eine deutlich stärkere Spionageabwehr als Österreich aufgebaut. Was das Land besser macht und warum Österreichs Nachrichtendienste schwächer aufgestellt sind, haben wir hier untersucht:

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