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Diese Oscar-Kandidaten wurden übergangen

Zu blutig, zu ambitioniert, zu nah an den wunden Punkten Hollywoods? Sieben Filme, über die am Sonntag bei den Oscars wohl kaum gesprochen werden wird – obwohl sie es durchaus verdient hätten.

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Eine Oscar-Nominierung kann schnell vergessen sein. Doch ein „Oscar-Snub“, ein Übergangen-Werden, kann für lang währende Entrüstung sorgen. Das konstatierte jüngst der „Hollywood Reporter“. Tatsächlich schauen viele Beobachter, wenn alljährlich die Nominierungen verkündet werden, gern darauf, welche Filme die Academy diesmal zu würdigen vergessen hat: Sind wieder nur Männer unter den Regie-Kandidaten? Wurden die Leistungen nicht weißer Darstellerinnen wieder einmal übersehen? Oder haben die mehr als 9000 Brancheninsider, die über die Preise abstimmen, wieder ein wahres Meisterwerk verkannt – so wie 1959, als Alfred Hitchcocks „Vertigo“, Jahrzehnte später zum „Besten Film aller Zeiten“ gewählt, mit zwei Nominierungen in Nebenkategorien abgespeist wurde?

She Said

#MeToo-Drama von Maria Schrader
Digital verfügbar zum Leihen/Kaufen auf den gängigen Plattformen (Amazon, Apple, etc.)

Diesmal fiel ein Film komplett durch, der nach den #MeToo-Turbulenzen (bei denen die Ebenen der Komplizenschaft ja komplex sind) zu einem Symbol der Läuterung für Hollywood hätte werden können: Maria Schrader rollt in „She Said“ auf, wie die „New York Times“ den Fall Weinstein enthüllte – und ließ involvierte Frauen beim Drehbuch mitreden. Ein Zugang, der Diskussionen wert ist – bei den Oscars werden diese nicht geführt.

Mehr dazu: Wie der Fall Weinstein in die Zeitung kam

Bones and All

Luca Guadagninos Kannibalenromanze
verfügbar zum Leihen/Kaufen

Waren all das Blut und die lang gezogenen Spuckefäden in Großaufnahme der Oscar-Academy zu viel? Nicht einmal in den Nominierungen für visuelle Effekte oder Make-up berücksichtigte sie „Bones and All“, die Kannibalen-Romanze von Luca Guadagnino („Call Me By Your Name“). Einen Film, der sein Publikum verschlingt und wieder ausspuckt, der von Schuld, Freiheit und der alles verzehrenden Liebe handelt. Timothée Chalamet und Taylor Russell begeben sich darin als junge, verliebte Menschenfresser auf einen Roadtrip durch die USA und versuchen eine Antwort auf die Frage zu finden, wer die wirklich Bösen sind.

Mehr dazu: Manche Menschenfresser sehen harmlos aus.

White Noise

Romanverfilmung von Noah Baumbach
auf Netflix

Noah Baumbach und seine Frau, Greta Gerwig, zählen gemeinsam stolze sechs Oscar-Nominierungen – mit ihrer jüngsten Kollaboration wurden es nicht mehr. Er inszenierte, sie spielte eine Hauptrolle (neben Adam Driver) in diesem Mystery-Drama, das auf einem Roman von Don DeLillo basiert, der als „unverfilmbar“ galt. Überambitioniert versuchte Baumbach es trotzdem – und scheiterte grandios. Aber eine Drehbuch-Würdigung wäre nicht unangebracht gewesen. Auch Kameraarbeit und Musik (Danny Elfman) sind bemerkenswert. Der Plot, grob umrissen: Die Familie eines Hitler-Historikers wird nach einem Chemieunfall aus ihrem Wohlstandsalltag gerissen.

Mehr dazu: Wohlstandsalltag? Weggesprengt!

The Woman King

„Black feminism“ mit Viola Davis
verfügbar zum Leihen/Kaufen

Bei den britischen Baftas war Gina Prince-Bythewoods fiktives Historiendrama über die Kriegerinnen eines westafrikanischen Königreichs mehrfach nominiert. Bei den Oscars nicht – für viele ein Symptom, wie „weiß“ dominiert die Veranstaltung sei. Der Film mit Viola Davis als tougher Generalin versteht sich als Popkultur-Vorreiter des „black feminism“ – manche werfen ihm aber Geschichtsklitterung vor.

Mehr dazu: "The Woman King" - Wie heikel sind Hollywoods Afrika-Fantasien?

The Menu

Satire auf den Haute-Cuisine-Kult
auf Disney+

Ralph Fiennes, Anya Taylor-Joy, eine tödliche Haute-Cuisine-Erfahrung und eine g'schmackige Ästhetik – die von der Academy wohl nicht goutiert wurde.

Meine Stunden mit Leo

Sex Positivity mit Emma Thompson
verfügbar zum Leihen/Kaufen

Allein für die Szene, in der sie sich nackt vor den Spiegel stellt, wurden Emma Thompson Oscar-Chancen eingeräumt – vergebens. Berührend zart und mutig in ihrer Ehrlichkeit ist ihre Darstellung einer Witwe, die lernt, ihre sexuelle Lust zuzulassen, auch in den bekleideteren Szenen dieses Callboy-Konversationsstücks.

Mehr dazu: Die späte Suche nach gutem Sex.

Corsage

Sisi-Drama aus Österreich
Im Abo bei Mubi - oder zum Leihen/Kaufen (etwa im Kino VOD Club, wo der Erlös an eine Kinderschutzorganisation gespendet wird)

Nein, mit dem Skandal um Florian Teichtmeister hat es wahrscheinlich nicht zu tun, dass es Marie Kreutzers eigenwilliges Sisi-Drama – das in den USA auf viel Anerkennung und Interesse stieß – letztlich nicht in die Nominiertenliste der besten internationalen Filme schaffte. Und auch nicht in die Kostümkategorie, was angesichts von Hollywoods Liebe für imperialen österreichischen Pomp keineswegs abwegig gewesen wäre.

Mehr dazu: Diese Sisi zeigt Cannes den Stinkefinger.

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