Geldpolitik

Wie die US-Politik nun eine Bankenkrise verhindern will

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Alle Einlagen sollen vollständig gesichert werden, Banken in Liquiditätsnot sollen schnelle Hilfe bekommen können.

Nach den Pleiten des US-Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank (SVB) und der in New York beheimateten Signature Bank ist die US-Regierung eingeschritten und hat eine Absicherung aller Einlagen bei den Geldhäusern angekündigt. Finanzministerin Janet Yellen, Notenbankchef Jerome Powell und die US-Einlagensicherung FDIC gaben bereits am Sonntagabend bekannt, dass alle Einleger der SVB auf ihr gesamtes Geld zugreifen können. Die Einlagensicherung hätte sonst nur für 250.000 Dollar pro Person gegriffen.

Eine ähnliche Regelung gelte auch für die Signature Bank, die am Sonntag von ihrer staatlichen Zulassungsbehörde geschlossen wurde. US-Präsident Joe Biden erklärte, die Menschen bräuchten sich um ihre Einlagen nicht zu sorgen. Er kündigte außerdem Konsequenzen für jene an, die die Turbulenzen ausgelöst hätten.

Am Freitag war die auf Start-up-Finanzierung spezialisierte Silicon Valley Bank nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das hatte weltweit für Unruhe gesorgt. Bei der 1983 gegründeten SVB war es in den vergangenen Tagen wegen Liquiditätssorgen zu immensen Mittelabzügen gekommen. Die Aktien der SVB waren am Freitag nach einem Kursrutsch aufgrund der akuten Notlage vom Handel ausgesetzt worden. Auch andere Banken gerieten an der Börse unter Druck. Die Furcht vor Kreditausfällen im Bankensektor verstärkte sich. Die Probleme der US-Banken sorgten auch an den europäischen Börsen für Verunsicherung.

„Nicht wie in der Finanzkrise“

Das US-Finanzministerium, die Federal Reserve und die Einlagensicherung FDIC bemühten sich nun, der allgemeinen Nervosität entgegenzuwirken. Eine hochrangige Mitarbeiterin des Finanzministeriums betonte, es gehe bei den Vorkehrungen um Hilfe für die Einleger, nicht um eine Rettung der Banken selbst. Diese seien Risiken eingegangen und müssten die Verluste selbst tragen. Es handle sich nicht um eine Situation wie in der Finanzkrise von 2008.
Yellen hatte zuvor eine staatliche Rettung der Silicon Valley Bank ausgeschlossen. In der Finanzkrise vor einigen Jahren sei die Regierung zwar auf diese Weise eingeschritten, sagte Yellen am Sonntag auf eine entsprechende Frage in einem Interview des Senders CBS. Sie betonte aber: „Das machen wir nicht noch einmal.“

Mit einem neuen Kreditprogramm will die US-Notenbank Fed der Gefahr eines Bank Run entgegenwirken. Ein solcher Abzug von Bankeinlagen in einer Art Panikreaktion der Kunden gilt als GAU für das Finanzsystem. Die Notenbank will mit der neu geschaffenen Kreditlinie namens Bank Term Funding Program (BTFP) dafür sorgen, dass den Banken auch in Zeiten von Marktstress ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt wird.

Ein Schlüsselelement des Programms ist, dass die Notenbank den Banken Kredite gegen akzeptable Sicherheiten gewährt. US-Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Wertpapiere werden dabei zum Nennwert bewertet: Das heißt, dass in diesem Fall der Wert der einst von einer Geschäftsbank gekauften Papiere nicht durch die Serie der Zinserhöhungen der Fed beeinträchtigt wird. Die gleichen Bedingungen für Sicherheiten sollen auch für Kredite gelten, die über das sogenannte Diskontfenster der Fed ausgereicht werden – eine Art Sicherheitsventil zur Gewährleistung einer angemessenen Liquidität im Bankensystem. Üblicherweise richtete sich die Kredithöhe nach dem Marktwert der verpfändeten Sicherheiten.

Nun aber nicht mehr: „Dies wird es den Banken ermöglichen, potenzielle Abflüsse von Einlagen zu finanzieren, ohne Verluste auf die Wertpapiere zu erleiden“, so die Einschätzung der Volkswirte von Goldman Sachs zur Krisenreaktion der Fed. Die Banken können über das BTFP Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr beziehen. Sie können die Darlehen ohne Mehrkosten auch schneller zurückzahlen.

Biden will strengere Regeln

Die Regeln für US-Banken sollen US-Präsident Joe Biden zufolge verschärft werden. Er wolle den Kongress und die Aufsichtsbehörden darum bitten, sagte Biden am Montag. Es müsse vermieden werden, dass so etwas noch einmal passiere. Die US-Regierung habe schnell reagiert. Deshalb sollten die Amerikaner darauf vertrauen, dass das US-Bankensystem sicher sei. (ag./red.)

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