Das oberste ORF-Gremium solle zur Hälfte politisch, zur anderen von Organisationen beschickt werden, wünschen sich Mediensprecherin und Stiftungsrat der Grünen. In Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ist man aber nicht.
Wenn die Bestellung des neuen (oder alten) ORF-Generaldirektors naht, werden die Stimmen für die Entpolitisierung des ORF lauter – neben den Mitarbeitern sind es üblicherweise die Oppositionsparteien, die solche Wünsche äußern. Dieses Mal sind es mit den Grünen aber Regierungsvertreter, die gern Änderungen hätten: Die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, und Lothar Lockl, der für die Grün-nahen ORF-Stiftungsräte spricht, wünschen sich eine neue Zusammensetzung des Stiftungsrats.
Der Stiftungsrat solle "ein wirklicher Aufsichtsrat werden, der zur Hälfte politisch, zur anderen von Organisationen beschickt wird - wie in Deutschland bei ARD und ZDF", sagte Blimlinger zur "Tiroler Tageszeitung". "Wenn Sie mich fragen, ob ein 35-köpfiger Rat für den ORF das Beste ist, muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass ich mir eine andere Struktur wünschen würde", sagte Lockl im Interview mit den "Salzburger Nachrichten". Eine Entpolitisierung stellt er sich nicht leicht vor. "Man müsste erst einmal Experten finden, die nach den unterschiedlichen Maßstäben unabhängig sind", so Lockl.
Verhandlungen darüber laufen mit der ÖVP jedoch nicht. Es sei nicht im Regierungsprogramm festgeschrieben, weil man sich nicht mit dem Koalitionspartner darauf einigen habe können, so die Mediensprecherin der Grünen. Deals mit der ÖVP zwecks Abstimmungsverhalten bei der ORF-Wahl gebe es auch nicht.
Diese Deals zwischen Türkis und Grün muss es auch nicht geben, wenn am 10. August der künftige ORF-Generaldirektor oder die künftige ORF-Generaldirektorin gewählt wird. Er oder sie braucht mindestens 18 Stimmen. Die ÖVP kann derzeit auf 16 ihr nahestehende Vertreter zählen, mit weiteren zwei bis drei türkis-nahen unabhängigen Räten kommt sie auf eine Mehrheit im obersten Gremium. Ohne Hilfe des Koalitionspartners.
Unter den drei den Grünen zurechenbaren Stiftungsräten sei noch nicht besprochen, wer gewählt wird, beteuert Blimlinger. Aber klar sei, in welche Richtung es gehen soll: Stärkung des Medienstandorts, Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen, wiederholte Lockl altbekannte Forderungen. Zeit wäre es auch für eine Stiftungsratsvorsitzende.
Das könnte Lisa Totzauer zugutekommen, die erst diese Woche ihre Kandidatur für den Generaldirektorenposten bekannt gab. Sie gilt als bürgerlich und ist derzeit die einzige Gegenkandidatin für Alexander Wrabetz, der seit 2006 den Spitzenposten innehat – damals von einer rot-grün-blau-orangen (damals gab es noch das BZÖ) Mehrheit unterstützt.
Als Favorit der ÖVP wird eigentlich Roland Weißmann gehandelt. Der stellvertretende Finanzdirektor und Chefproducer des ORF hat sich bis dato aber nicht deklariert.
(APA/Red.)