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Integration von Ukrainern: "Pressekonferenzen reichen nicht"

Ukrainische Flüchtlinge
Ukrainische Flüchtlinge (c) imago
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Die Neos orten große Versäumnisse im Integrationsbereich. Ministerin Raab hält dagegen: Man schaue sehr genau hin, was die Ankommenden brauchten.

Mehr als 1,7 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind wegen des Krieges in ihrer Heimat auf der Flucht. 45.000 von ihnen haben Österreich erreicht. Ihnen schlage „eine Welle der Hilfsbereitschaft“ entgegen, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Das sei nicht genug, monieren die Neos. Tatsächlich habe es in der Vergangenheit große Versäumnisse im Bereich der Integration gegeben, kritisiert Integrationssprecher Yannick Shetty am Dienstag im Ö1-„Morgenjournal“. „Es wird nicht ausreichen, auf Pressekonferenzen zu stehen und zu sagen: ‚Liebe Menschen aus der Ukraine, ihr seid willkommen, aber wir tun hier nichts dafür, dass ihr gut in den Arbeitsmarkt integriert werdet, gut in die Gesellschaft integriert werdet‘.“

Eigentlich hätte man bereits vor einer Woche mit der Planung beginnen müssen, „weil die Menschen kommen jetzt schon an“. Das wurde aber nicht angegangen, bedauert Shetty, „dass man von der Integrationsministerin dazu gar nichts hört“. Dabei seien viele Schrauben, an denen gedreht werden müsse, ganz offensichtlich. So brauche es Erstanlaufstellen bei den Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörden der Bundesländer sowie Workshops, um den Geflüchteten eine Orientierung zu bieten. Ein weiterer Punkt: Rasche Kompetenzchecks, um die Qualifikationen der Ankommenden zu erfassen und sie auf dem Arbeitsmarkt vermitteln zu können.

Raab: „Genau hinsehen, was die Menschen brauchen“ 

Vorwürfe und Anregungen, die die zuständige Ministerin Susanne Raab (ÖVP) so nicht stehenlassen möchte. „Wir haben uns in den letzten Wochen schon intensiv vorbereitet, zum einen auf die Aufnahme der Flüchtlinge, da geht es primär darum, dass sie Schutz finden, dass sie ankommen“, verweist sie im ORF-Radio auf die „dramatischen Erlebnisse, die die Menschen hinter sich haben“. Zum anderen, „wenn es eine längerfristige Bleibeperspektive gibt“, werde „natürlich auch in die Integration investiert“.

Man habe in den letzten Jahren ein gutes Deutschkurssystem aufgebaut, „ein breites System an Orientierungs- und Informationskursen, wir haben Integrationsmaßnahmen im Arbeitsmarkt“, zählt sie auf. In jedem Bundesland gebe es ein Integrationszentrum, es gebe das bundesweite AMS sowie Bildungsinitiativen  – aktuell arbeite man daran, die verschiedenen Angebote zu bündeln, um „ganz schnell“ unterstützen zu können. „Ich eröffne zum Beispiel heute ein neues Frauenintegrationszentrum“, sagt Raab. Man habe sich vorgenommen, „genau hinzusehen, was brauchen die Menschen, die aus der Ukraine kommen, primär Frauen und Kinder“.

Flüchtlinge bringen „gemeinsames Werteverständnis“ mit

Zugleich warnt Raab davor, die aktuelle Lage mit der Krise der Jahre 2015 und 2016 zu vergleichen. Nun herrsche Krieg mitten am europäischen Kontinent und es kämen vor allem Frauen und Kinder, die Zuflucht suchten. „Damals waren es über 70 Prozent Männer“, erinnert sie an den Syrienkrieg und seine Folgen. „Und es kommen natürlich Menschen, die sicherlich auch ein gemeinsames Werteverständnis mitnehmen“, meint die Ministerin, „weshalb wir uns in der Integration auf die Ausbildung der Menschen konzentrieren und auch schauen, wo können sie am Arbeitsmarkt Fuß fassen.“ Man habe etwa großen Fachkräftebedarf, etwa im Pflegebereich.

>>> Raab und Shetty im Ö1-„Morgenjournal“

(hell)

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