Einschätzung

Zieht die "linke Liste" demnächst in den Nationalrat ein?

 Kay-Michael Dankl (KPÖ)
Kay-Michael Dankl (KPÖ)APA/EXPA/JFK
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Die KPÖ habe gezeigt, wie erfolgreich man mit einer „ordentlichen Themenliste“ sein kann, meinen Experten. Salzburger FPÖ-Chefin Svazek könnte in die Fußstapfen von Ex-Vizekanzlerin Riess treten.

Die Salzburger Landtagswahl dürfe laut Experten in vielerlei Hinsicht als "Vorbote" auf die nächste Wahl im Bund verstanden werden. Eine etwaige dritte FPÖ-Landesregierung nach Ober- und Niederösterreich stelle die Weichen für selbiges im Bund, betonte OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Das starke Abschneiden der KPÖ zeige aber auch, dass eine linke Liste auch im Bund Potenzial hätte, sind sich Politikberater Thomas Hofer und Meinungsforscher Peter Hajek einig.

Während der Salzburger ÖVP gerade die "Vermeidung des absoluten Horrorszenarios" gelang, wie Hofer das Ergebnis einordnete, dürfte der Himmel für die Bundes-FPÖ derzeit sehr blau sein. Man eilt - mit Ausnahme von Kärnten, wo man auf einem sehr hohen Niveau startete und im Team Kärnten lokale Konkurrenz hatte - von einem durchschlagenden Ergebnis zum nächsten. "Der Rückenwind für Herbert Kickl nimmt damit noch einmal deutlich zu", betonte Hofer.

Marlene Svazek, die neue Susanne Riess?

Bis zur nächsten regulären Nationalratswahl 2024 sind noch viele Monate, eine Landtagswahl in der Steiermark und die Europawahl hin. Derzeit sehe es aber gut aus für Schwarz-Blau - oder gar Blau-Schwarz - prognostizierte Bachmayer. Sollte es tatsächlich dazu kommen, traut er der größten gestrigen Siegerin, der Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek einiges zu. Er sieht in Svazek die neue Susanne Riess. Mit der ehemaligen blauen Vizekanzlerin vergleiche er sie aber nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern auch, weil er ihr als "verträgliche FPÖlerin" einiges zutraue.

Die größte Auswirkung auf die bundespolitische Zukunftslandschaft sieht Hajek aber woanders. "Man sieht, was mit einem authentischen Spitzenkandidaten und einer ordentlichen Themenliste alles möglich ist", betont er in Bezug auf den Wahlerfolg der Salzburger KPÖ. Die KPÖ habe gezeigt, dass sie kein regionales Phänom sei, so Hofer. "Die Demarkationslinie ist mittlerweile nicht mehr zwischen rechts und links, sondern oben und unten. Und viele Menschen fühlen sich derzeit unten verortet", sagte Hofer. Während andere kleine Parteien wie die Grünen oder Neos mit ihren klassischen Themen, Klimaschutz beziehungsweise Bildung punkten würden, seien die Wahlmotive für die Wähler der KPÖ deutlich breiter gewesen, so Hajek.

"Das linkspopulistische Potenzial ist da"

Für Hofer und Hajek zeige das Ergebnis, dass neue politische Kräfte durchaus Chancen auf den Einzug in den Nationalrat hätten. "Es ist angerichtet", betonte Hofer. Und weiter: "Das linkspopulistische Potenzial ist da." Nützen könnte es die KPÖ, deren Salzburger Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl nicht auftrete wie ein "altgedienter Kommunist", aber auch ein Dominik Wlazny alias Marco Pogo. Derzeit gebe es in der gesamten Wählerschicht "unfassbar viel Bewegung, die neue Kräfte nutzen könnten". Sollten zu viele Parteien im Parlament sitzen, erschwere das aber auch die Regierungsbildung, betonte Hajek. "Mit sieben Fraktionen könnten Verhältnisse wie in Italien oder Israel herrschen".

Auf den heutigen Start der SPÖ-Mitgliederbefragung werde das Ergebnis der Salzburger Landtagswahl zwar keinen großen Einfluss haben, sagte Hajek, die drei KandidatInnen werden sich die Schuld für das schlechte Abschneiden der Salzburger Landespartei "wie die heiße Kartoffel zuschupfen", so Politikberater Thomas Hofer. Aus der Opposition - sowohl im Bund als auch im Land - gestartet, konnte die SPÖ erneut keine Gewinne einfahren, sondern hat etwa zwei Prozentpunkte eingebüßt.

Druck auf Rendi-Wagner dürfte wachsen

"Die Anhänger von Pamela Rendi-Wagner und Andreas Babler werden die Schuld beim Salzburger Spitzenkandidaten David Egger suchen", waren sich Hajek und Hofer einig, da Egger als Vertrauter des burgenländischen Landeshauptmannes Hans-Peter Doskozil gelte. Letzterer hatte schon vor Wochen kundgetan, dass ihm der Start der Befragung knapp nach der Wahl in Salzburg so gar nicht passe. Der Traiskirchner Bürgermeister und "Mann der Basis" Andreas Babler hingegen werde - wenn auch nur intern - das gute Abschneiden der KPÖ als positives Zeichen für seinen "Anti-Establishment-Kurs" deuten, sagte Hajek.

Freuen könne sich über das schlechte Abschneiden der eigenen Partei laut Bachmayer hingegen deren Vorsitzende, Pamela Rendi-Wagner. "Die Medien werden die Frage aufbringen, ob es zu einer Spaltung in linken und rechten Flügel kommt". Aus Angst vor dieser Spaltung würden vor allem die älteren Wähler und Wählerinnen zur "Mitte" - und damit zu Rendi-Wagner - neigen, prognostizierte Bachmayer am Wahlabend.

(APA)

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