Rückführungen

Mord an 13-Jähriger befeuert Debatte um Abschiebungen

In Wien kam es am Wochenende zum 15. Frauenmord in Österreich seit Anfang des Jahres.
In Wien kam es am Wochenende zum 15. Frauenmord in Österreich seit Anfang des Jahres.APA/MICHAEL GRUBER
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Verfassungsministerin Edtstadler lädt zu einem Runden Tisch. Die FPÖ spricht sich indes für eine restriktivere Abschiebepraxis aus. Kanzler Kurz bekräftigt, einen Abschiebestopp nach Afghanistan werde es mit ihm nicht geben.

Nach dem Mord an einer 13-Jährigen in Wien lud Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag zu einem Runden Tisch. Sie will nach der Tötung einer 13-Jährigen in Wien durch mutmaßlich mehrere Afghanen – drei sind aktuell festgenommen, nach einem vierten läuft die Fahndung – „nicht zur Tagesordnung übergehen“.

Ausgehend von dem "barbarischen Mord" wolle man auch allgemein schauen, was schief laufe. Es gehe darum, Frauen und Jugendliche zu schützen und inwieweit bei manchen Flüchtlingen Integration überhaupt möglich sei: "Menschen, die von uns Schutz wollen und unsere Werte mit Füßen treten und das auch noch in Taten zum Ausdruck bringen, haben bei uns nichts verloren", sagte die Kanzleramtsministerin.

Migration schaffe "natürlich auch Probleme", auf die es Antworten benötige. Dazu brauche es vielfältige Ansätze, auch auf europäischer Ebene, drängte Edtstadler einmal mehr auf einen effizienteren Außengrenzenschutz und Hilfe vor Ort. Nun wolle man sich bei dem Gipfel von unterschiedlichen Seiten ansehen, welche Probleme durch den Zuzug entstünden und was mit jenen passiere, die straffällig geworden seien.

FPÖ fordert vermehrtes Abschieben

Die FPÖ hat indes erneut eine restriktivere Abschiebepraxis urgiert. Asylwerber, die bereits straffällig geworden seien, müssten konsequent außer Landes gebracht werden, forderten Generalsekretär Michael Schnedlitz und die stellvertretende Klubobfrau im Parlament, Dagmar Belakowitsch, in einer Pressekonferenz. Die ÖVP und deren Innenminister Karl Nehammer würden zwar Maßnahmen versprechen, es geschehe jedoch nichts.

Zwei 16 bzw. 18 Jahre alten Asylwerber aus Afghanistan stehen im Verdacht, eine 13-Jährige aus dem Bezirk Tulln am Wochenende in einer Wohnung in Wien-Donaustadt missbraucht und getötet zu haben. Einer der Burschen ist mehrfach vorbestraft. Für die FPÖ hätte das Verbrechen verhindert werden können, wenn der bereits straffällig gewordene Jugendliche rasch abgeschoben worden wäre. "Aber die Abschiebungen funktionieren nicht mehr", beklagte Schnedlitz. Auch würden sich die entsprechenden Verfahren viel zu lange hinziehen.

Die FPÖ verwies auf ihren bereits gestern präsentierten Zehn-Punkte-Plan "zur Abwehr von Gewalttaten durch Asylwerber". Darin wird etwa gefordert, dass Asylanträgen auf österreichischem Boden ausgesetzt werden - wenn es sich um Betroffene handelt, die über sichere Drittstaaten eingereist sind. Bei Straffälligkeit müsse das Asylverfahren abgebrochen werden, auch sei ein Asylstatus in so einem Fall abzuerkennen und eine Abschiebung vorzunehmen, verlangen die Freiheitlichen. Auch "Rückführungszentren" sollten errichtet werden.

Kurz: „Abschiebestopp wird es mit mir nicht geben"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Mittwoch nach dem Ministerrat vehement gegen jegliche Relativierungen nach dem Mord an einer 13-Jährigen in Wien gewandt. Wortmeldungen wie, dass die Eltern ihre Fürsorgepflicht nicht entsprechend wahrgenommen hätten oder die mutmaßlichen Täter traumatisiert gewesen sein könnten, lehne er "zutiefst" ab. Es handle sich um eine unfassbare barbarische Tat, die ihn wütend mache.

Dass entsprechende Außerlandesbringungen auch weiter stattfinden werden, garantierte Kurz: "Einen Abschiebestopp nach Afghanistan wird es mit mir nicht geben." Man werde auch mit Entschlossenheit gegen straffällig geworden Asylwerber vorgehen. Justizminister Alma Zadic (Grüne) hatte Mitte des Monats noch die Abschiebepraxis Österreichs nach Afghanistan kritisiert - und angekündigt, die Lage evaluieren lassen.

SPÖ: „Nicht politisches Kleingeld wechseln"

SP-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner erklärte indes, dass Bluttaten nicht dafür missbraucht werden dürften, politisches Kleingeld zu wechseln. Dieses Muster kenne man schon vom Terroranschlag in Wien: „Sofort wird mit dem Finger auf die Justizministerin gezeigt."

Versäumnisse gebe es in mehreren Ressorts. Im Innenministerium kämen „die Falschen ins Visier der Abschiebebehörden“, so Einwallner in einer Aussendung: Gut integrierte Schüler und ausgebildete Lehrlinge würden abgeschoben, während „Kriminelle frei herumlaufen“.

In einer Aussendung verlangte er selbst von Innen-, Justiz- und Finanzministerium, "endlich genügend Ressourcen frei zu machen, um Asyl- und Abschiebebescheide möglichst schnell abarbeiten zu können. Dass beim Bundesverwaltungsgericht Asylverfahren Jahre dauerten, weil das Personal fehle, liege in der Verantwortung der ÖVP.

(APA/Red)

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