SPÖ-Fauxpas

Reaktionen auf Babler-Sieg: "Ich bin ehrlich gesagt fassungslos!"

SPOe-SONDERPARTEITAG IN LINZ
SPOe-SONDERPARTEITAG IN LINZ(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Fassungslosigkeit und Freude liegen in der SPÖ nach Bekanntgabe des verheerenden Irrtums bei der Auszählung nahe beieinander. Babler und Doskozil sehen beide die Sozialdemokratie an ihrem „Tiefpunkt“. Max Lercher zeigt sich „fassungslos“, Wiens Bürgermeister Ludwig erfreut über den neuen Vorsitzenden, der „unsere volle Unterstützung“ habe.

Es wird wohl als größtes politisches Hoppala der Zweiten Republik in Erinnerung bleiben: Nach knapp 48 Stunden musste am Montag die Wahlkommission der SPÖ zugeben, dass ihr ein verheerender Fehler beim Auszählen der Delegierten-Stimmen am Parteitag unterlaufen ist. Nicht wie verkündet Hans Peter Doskozil hat am Samstag die meisten Stimmen am Parteitag erhalten, sondern Andreas Babler.

Was kurz darauf folgte: allgemeine Fassungslosigkeit im Doskozil-Lager. Wo gerade noch über Personalia diskutiert wurde, muss nun eine Niederlage eingestanden werden. Zunächst äußerten sich seine Vertrauten. „Ich gratuliere @AndiBabler zum neuen Parteivorsitzenden der #spoe, den die Delegierten am Sonderparteitag gewählt haben“, schrieb Roland Fürst, enger Vertrauter von Doskozil, auf Twitter. Max Lercher, der bis zur Verkündigung am Montag als neuer Bundesgeschäftsführer gehandelt wurde, postete in einer Story auf Instagram, dass man sich vorstellen könne, dass er „ehrlich gesagt fassungslos“ sei. Doskozil danke er für seinen „Einsatz und seine Leidenschaft für Partei und Land“. Lercher, der angekündigt hatte, bei einer Niederlage Doskozils die Politik zu verlassen, äußerte sich vorerst nicht zu seiner eigenen Zukunft.

Gegen 17 Uhr trat dann auch Doskozil selbst vor die Medien. Er rief dazu auf, das Ergebnis, das „unumstritten“ gelte, anzuerkennen. Man befinde sich am „Tiefpunkt der Sozialdemokratie“, doch müsse man sich jetzt „zusammenreißen“, auch wenn das natürlich „kein angenehmer Tag“ für ihn persönlich sei. Das Kapitel Bundespolitik sei für ihn „ein für alle Mal abgeschlossen“.

PK VON HANS PETER DOSKOZIL ZU FALSCHEM ERGEBNIS VON SPOe-PARTEITAG
PK VON HANS PETER DOSKOZIL ZU FALSCHEM ERGEBNIS VON SPOe-PARTEITAG(c) APA/HANS KLAUS TECHT

Etwa eine halbe Stunde später trat auch Babler vor die Medien. Sollte das Ergebnis stimmen, „nehme ich es an“, sagte er. Auch er teilte die Einschätzung Doskozils, dass die Sozialdemokratie „an ihrem Tiefpunkt“ sei. Das Ergebnis wolle er noch einmal auszählen lassen, damit keine Fragezeichen bleiben.

Kern: Man kann „nicht so dumm denken, wie es kommt“ 

SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner, die am Montagnachmittag eigentlich noch einen Termin mit Doskozil gehabt hätte, um etwaige Personalia zu diskutieren, äußerte sich im ORF-Interview: Man müsse nun „nach vorne schauen“, auch wenn das „schwieriger als zuvor“ sei. Sie appellierte an die Mitglieder, nicht die Hoffnung zu verlieren. An Manuela Grubesa, die Leiterin der Wahlkommission richtete sie tröstende Worte: Sie habe einen Fehler eingestanden. Das erfordere Größe. An der Legitimation der Mitgliederbefragung hege sie keine Zweifel, die notariell begleitet worden sei.

Ohne die Umstände in irgendeiner Weise zu kommentieren, gratulierte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Unterstützer Andreas Bablers, zu dessen Doch-noch-Sieg: „Er hat unsere volle Unterstützung! Für soziale Gerechtigkeit und ein solidarisches Miteinander in unserer Gesellschaft. Freundschaft und Glück auf!“ 

Ex-Kanzler Christian Kern, der dem Doskozil-Lager angehört, äußerte sich ebenfalls auf Twitter. „Ich gratuliere Andreas Babler herzlich. Der Ablauf des ganzen Vorgangs ist allerdings eine eindrückliche Bestätigung, dass man es in der Politik nicht so dumm denken kann, wie es hinterher kommt.“ 

Politische Gegner üben sich in Zynismus

Auch aus anderen Parteien gab es bereits kurz nach der Bekanntgabe des Irrtums Reaktionen. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wurde in einer Aussendung zitiert und zeigt sich abwartend: „Die SPÖ versinkt im völligen Chaos. Mit einer Bewertung warten wir zunächst ab, ob dieses Ergebnis endgültig ist, womöglich kommt es zu weiteren Auszählungen oder Wahlwiederholungen oder Untersuchungen zu möglichen Manipulationen.“ 

Nicht an der Häme beteiligen will sich nach eigenem Bekunden
FPÖ-Chef Herbert Kickl. Das in der Öffentlichkeit entstandene Bild
sei „ohnehin für jeden erkennbar desaströs“. Den enttäuschten Wählern möchte er ein Angebot machen, „ein Stück des Weges mit uns Freiheitlichen zu gehen“.

Die Grünen posteten ein Sujet mit einer Aufforderung an den neuen SPÖ-Chef. „Selber Inhalt, neuer Adressat“, stand dort trocken - mit dem Hinweis, die Klima-Blockade zu beenden - mit einem durchgestrichenen „Hans Peter“ darunter. Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer schickte kurzerhand eine „Korrektur“-Aussendung von Samstag aus, in der sie Doskozil gratuliert hatte.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wunderte sich über das Bild, das die „Altpartei SPÖ“ derzeit abgebe. „Wie kann die SPÖ erwarten, dass man ihr ein Land anvertraut, wenn sie nicht einmal in der Lage ist, intern eine
Wahl zu organisieren.“ Der pinke Generalsekretär Douglas Hoyos schlug in dieselbe Kerbe: „Wer keine Wahlen organisieren kann, wird auch keine gewinnen“, meinte er via Twitter.

Auch abseits der politischen Sphäre gingen am Montag die Kommentarspalten auf Social Media über: >> „Satiriker sind arbeitslos: Lustige Twitter-Reaktion zum SPÖ-Debakel“.

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