Jahresrückblick

Diese 13 Filme des Jahres 2023 sollten Sie gesehen haben

Oscar-verdächtig: Jodie Foster in „Nyad“.
Oscar-verdächtig: Jodie Foster in „Nyad“. Kimberley French/Netflix
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2023 war kein leichtes Jahr für die Filmbranche. Dennoch hat es Bemerkenswertes hervorgebracht. Welche Filme Sie bei Gelegenheit nachholen sollten – und wo das möglich ist.

„Barbie“

Regie: Greta Gerwig
Zu kaufen/leihen ab ca 5 Euro, diverse Anbieter

Margot Robbie in „Barbie“ von Greta Gerwig.
Margot Robbie in „Barbie“ von Greta Gerwig.Warner Bros.

Barbie, Barbie, Barbie. Manchen schwirrt immer noch der Kopf davon, andere hielten sich von Anfang an Augen und Ohren zu. Vorbeikommen gar es heuer keines am Filmphänomen rund um die berühmteste Plastikpuppe des US-Spielzeugkonzerns Mattel. Zumal sich nicht nur ein Massenpublikum, sondern auch die Kritik dafür begeistern konnte. Greta Gerwigs knallpinke, hemmungslos unterhaltsame und mit allen Wassern der Selbstironie gewaschene Popfeminismus-Komödie machte sich den Online-Diskurs virtuos untertan – und adelte das Genre des Produkt-PR-Films zur ernstzunehmenden Entertainment-Kategorie. Auch dank einer cleveren Marketingoffensive in Kooperation mit ihrem größten Blockbuster-Konkurrenten. Apropos . . . Zur Filmkritik (and)

„Oppenheimer“

Regie: Christopher Nolan
Zu kaufen ab ca 12 Euro, diverse Anbieter

Cillian Murphy in „Oppenheimer“ von Christopher Nolan.
Cillian Murphy in „Oppenheimer“ von Christopher Nolan.Universal

Christopher Nolans Breitwandporträt des sprichwörtlichen „Vaters der Atombombe“ ist in puncto Effektfeuerwerk einer der bescheidensten Filme des britischen Bombastkünstlers: Sein dialoglastiges Drehbuch fokussiert vor allem auf das zwischenmenschliche Drama und die moralischen Fragen im Leben des von Cillian Murphy markant verkörperten US-Wissenschaftlers J. Robert Oppenheimer. Überwältigungskino mit Weltuntergangsobertönen ist „Oppenheimer“ freilich immer noch – aber mit einer berückend persönlichen Note, die dem Gros der an Zuschauerschwund laborierenden Superheldenfilm-Dutzdenware der letzten Jahre völlig fehlt. Vielleicht trug das ebenso zum Welterfolg dieses XXL-Kammerspiels bei wie das PR-Bahö um „Barbenheimer“. Zur Filmkritik (and)

„Killers of the Flower Moon“

Regie: Martin Scorsese
Im Kino, zu kaufen/leihen ab ca 15 Euro, diverse Anbieter

 Lily Gladstone und Leonardo DiCaprio in „Killers of the Flower Moon“.
Lily Gladstone und Leonardo DiCaprio in „Killers of the Flower Moon“.Melinda Sue Gordon

Je älter Martin Scorsese wird, desto länger werden seine Filme, desto mehr, so scheint es, will der 81-jährige US-Meisterregisseur uns noch erzählen, bevor es zu spät ist – von seiner amerikanischen Heimat, von deren fatalen Verblendungen und verdrängten Verbrechen. Auch sein jüngstes, knapp dreieinhalbstündiges Western-Werk tut das mit ungebrochenem Schwung und Elan, gleichwohl der Stoff, aus dem dieses Epos ist, zu den bittersten zählt, die Scorsese je adaptiert hat: Der historische Fall eines perfiden kriminellen Systems, mit dem US-Ureinwohner aus dem Stamm der Osage ihres Ölreichtums beraubt wurden. Fantastisch in den Hauptrollen: Lily Gladstone, Leonardo DiCaprio und Robert De Niro. Zur Filmkritik (and)

„Beau is Afraid“

Regie: Ari Aster
Zu kaufen/leihen ab ca 4 Euro, diverse Anbieter

„Beau is Afraid“ von Ari Aster.
„Beau is Afraid“ von Ari Aster.A24

Ob es hoch budgetierte Autorenfilme im widerborstigen Geiste eines Martin Scorsese in Zukunft überhaupt noch geben wird, steht derzeit in den Sternen der Streaming-Ära. Kein Wunder, dass Scorsese sich öffentlich für „Beau is Afraid“ eingesetzt hat, den dritten Langspielfilm des 37-jährigen Regisseurs Ari Aster. Nach dem beachtlichen kommerziellen Erfolg seiner aufwändigen Horrordramen „Hereditary“ und „Midsommar“ riskierte Aster dieses bizarre, tragikomische Herzensprojekt über die vertrackte Odyssee eines dauernervösen Muttersöhnchens (Joaquin Phoenix) zu den heimlichen Wurzeln seiner Angststörung. Nur weniges im Großfilmbereich dieses Jahres war zugleich so seltsam, so absurd komisch und so eindrucksvoll. Zur Filmkritik (and)

„Club Zero“

Regie: Jessica Hausner
Im Kino

„Club Zero“ von Jessica Hausner.
„Club Zero“ von Jessica Hausner.Filmladen

Nach den Kontroversen des vergangenen Jahres wagte sich die österreichische (Kunst-)Filmbranche heuer wieder verstärkt aus der Deckung – allen voran mit Jessica Hausners neuester, in Cannes uraufgeführter Sozialsatire „Club Zero“, worin ein Ernährungskult an einer Eliteschule die menschliche Unverträglichkeit von sinnentleerten Leistungsgesellschaften zum Vorschein bringt: ein stilistisch brillantes, subtil humorvolles Nachdenkstück. Generell haben Frauen einige der interessantesten Filme des heimischen Kinojahres verantwortet: darunter „Mermaids Don‘t Cry“ (Franziska Pflaum), „Feminism WTF“ (Katharina Mückstein) und „Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin“ (Martha Mechow). Zur Filmkritik (and)

„Anatomie eines Falls“

Regie: Justine Triet
Im Kino

Sandra Hüller in „Anatomie eines Falls“.
Sandra Hüller in „Anatomie eines Falls“.Les Films Pelléas / Les Films de Pierre

2024 könnte das Jahr werden, in dem die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller einen Oscar bekommt. Wir kennen sie spätestens seit „Toni Erdmann“, doch mit ihrer eindringlichen Performance in Justine Triets Gerichtsdrama „Anatomie eines Falls“ hat sie sich endgültig ins internationale Rampenlicht katapultiert. Der diesjährige Cannes-Gewinnerfilm über eine Mutter und Schriftstellerin, die sich vor der Justiz für den Tod ihres Mannes verantworten muss, ist übrigens nur einer von zwei sehenswerten französischen Gerichtsfilmen, die heuer bei uns angelaufen sind: Zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang auch „Saint Omer“ von Alice Diop. Und wer mehr Hüller heischt, sollte im kommenden Februar das Holocaust-Drama „The Zone of Interest“ nicht versäumen. Zur Filmkritik (and)

„Suzume“

Regie: Makoto Shinkai
Verfügbar beim Anime-Streamingdienst Crunchyroll

„Suzume“ von Makoto Shinkai.
„Suzume“ von Makoto Shinkai.Wild Bunch Germany

„Der Junge und der Reiher“, der jüngste (und angeblich letzte) Film des altgedienten Anime-Doyens Hayao Miyazaki, startet demnächst in heimischen Kinos. Das Zepter des inoffiziellen Botschafters für japanische Zeichentrickkunst gibt der 82-jährige so schnell nicht aus der Hand. Doch im Grunde steht sein Nachfolger bereits fest: Makoto Shinkai schaffte es heuer mit seinem bild- wie gefühlsgewaltigen Jugenddrama „Suzume“ in den erlauchten Wettbewerb des Internationalen Filmfestspiele Berlin. Spektakulärer Fantasyzauber trifft darin auf bodenständiges, realistisches Coming-of-Age. Beglückend – und ein idealer Anime-Einstieg für Uneingeweihte, die gern wissen wollen, was es mit dem andauernden Hype rund um „Japanimation“ auf sich hat. Zur Filmkritik. (and)

„Maestro“

Regie: Bradley Cooper
Im Kino und ab 20. 12. auf Netflix

Carey Mulligan und Bradley Cooper in „Maestro“.
Carey Mulligan und Bradley Cooper in „Maestro“.Netflix

Leonard Bernstein hatte bereits im März einen ersten Off-Auftritt in heimischen Kinos, als abwesender Mentor der seelisch verkrümmten (und fiktiven) Dirigenten-Hauptfigur von Todd Fields „Tár“. Erbaulicher ist sein Biopic-Einstand in „Maestro“ von Bradley Cooper: Hier erstrahlt er in all der freudvollen, weltumarmenden, musikbegeisterten Glorie, die Fans bis heute mit ihm und seinem künstlerischen Vermächtnis verbinden. Die Schattenseiten seines Lebens und seines diffizilen Verhältnisses zu Felicia Montealegre (Carey Mulligan) blendet Cooper dabei nicht aus: „Maestro“ ist nämlich auch eine unkonventionell strukturierte Hommage an die komplexen Beziehungsfilmdramen der 1970er-Jahre. Ein Höhepunkt in einem Jahr voller Fließband-Filmbiografien. Zur Filmkritik (and)

„Die Fabelmans“

Regie: Steven Spielberg
Auf Sky und ab ca 8 Euro zu leihen/kaufen, diverse Anbieter

Gabriel LaBelle in „Die Fabelmans“ von Steven Spielberg.
Gabriel LaBelle in „Die Fabelmans“ von Steven Spielberg.Merie Weismiller Wallace / Universal

Bei uns mit einiger Verspätung im März angelaufen, darf Steven Spielbergs autofiktionales Selbstmythisierungs-Meisterstück hier dennoch nicht fehlen: Schließlich erzählt es nicht nur die wechselvolle Familiengeschichte eines lichtspielverrückten jüdischen Buben, sondern darüber hinaus auch eine Theorie des Kinos – jenes Mediums, das die Wahrheit gleichermaßen verfälscht, offenbart und erträglich macht. Und das mit der gewohnten Spielberg‘schen Leichtigkeit, die ein ums andere Mal darüber hinwegtäuscht, wie detailversessen die Inszenierungskunst des US-Regieveteranen eigentlich ist. Zur Filmkritik (and)

„Roter Himmel“

Regie: Christian Petzold
Im Kino und ab ca 4 Euro zu leihen/kaufen, diverse Anbieter

Thomas Schubert (links außen) in „Roter Himmel“ von Christian Petzold.
Thomas Schubert (links außen) in „Roter Himmel“ von Christian Petzold.Christian Schulz / Schramm Film

Thomas Schubert kommt aus Wien und wurde mit „Atmen“ von Karl Markovics erstmals bekannt, doch zur Höchstform läuft der Schauspieler nun in Deutschland auf, in Serien wie „King of Stonks“ und Filmen wie „Roter Himmel“ von Christian Petzold. In letzterem spielt er einen unausstehlichen jungen Schriftsteller, der im Sommerurlaub an der Ostsee trotz der Großherzigkeit seiner Freunde in eine Eitelkeitskrise stürzt. Wie immer bei Petzold wird hier im Gewand eines Genrestücks – diesfalls einer leichtblütigen Liebesdramödie – ganz ohne erhobenen Zeigefinger einiges über den Zustand der Welt miterzählt. Spoiler: Der Titel hat mit Waldbränden zu tun. Zur Filmkritik (and)

„La chimera“

Regie: Alice Rohrwacher
Ab 22. Dezember im Kino

„La chimera“ von Alice Rohrwacher.
„La chimera“ von Alice Rohrwacher.Tempesta

Jahr für Jahr scheint das, was Cineasten einst mit „Kino“ verbunden haben, ebendort in weitere Ferne zu rücken: Ein Sinn für die Ästhetik des Alltags, ein Bezug zur gelebten Realität der Menschen, ein poetisches Verhältnis zur Welt und zur Filmgeschichte. Was bleibt, sind vorwiegend Eventblockbuster und die flexible Künstlichkeit der Streamingzone. Alice Rohrwacher kann diese Entwicklung nicht aufhalten, doch ihr Schaffen hält die Erinnerung an Alternativen wach. Nostalgisch verklärt und romantisch umflort vielleicht, aber immer noch endlos schön – auch in „La chimera“, der italienisch-melancholischen Version einer Indiana-Jones-Story, mit Josh O’Connor aus „The Crown“ als verlorenem Traumtänzer in der Toskana. Zur Filmkritik (and)

„Nyad“

Regie: Jimmy Chin und Elizabeth Chai Vasarhelyi
Zu sehen auf Netflix

Jodie Foster und Annette Bening als beste Freundinnen in „Nyad“
Jodie Foster und Annette Bening als beste Freundinnen in „Nyad“Kimberley French/Netflix

Die Geschichte ist, sofern sie sich so zugetragen hat wie im Film dargestellt, schon sehr gut: Marathonschwimmerin Diana Nyad versucht sich mit über 60 Jahren an einem Rekord, den sie mit Mitte zwanzig nicht schaffte, nämlich von Kuba nach Florida zu schwimmen. Ein humorvolles Sportler-Drama, in dem auch endlich Körper älterer (sehr trainierter) Frauen in den Fokus gerückt werden. Der Film lebt aber von der Dynamik der schwierigen Nyad und ihrer geduldigen besten Freundin Bonnie Stoll, dargestellt von zwei fantastischen Schauspielerinnen: Sowohl Jodie Foster (Stoll) als auch Annette Bening (Nyad) dürfen mit einer Oscar-Nominierung rechnen, vielleicht auch Rhys Ifans, der einen hartnäckigen Kapitän gibt. Zur Filmkritik. (her)

„Evil Dead Rise“

Regie: Lee Cronin
Auf Sky, zu kaufen/leihen ab ca 10 Euro, diverse Anbieter

Alyssa Sutherland in „Evil Dead Rise“.
Alyssa Sutherland in „Evil Dead Rise“.Warner Bros.

Brauchen wir das Horrorkino überhaupt noch? Liefert uns die echte Welt nicht schon genug zum Fürchten? Falsch gedacht: Gerade im befreienden Ableiten von Angstgefühlen liegt die größte Stärke dieses Genres. Und von Filmbranchenkrisen bleibt es gemeinhin verschont, kommt es doch in der Regel ganz gut ohne horrende Star-Gagen und sündteure PR-Kanonanden über die Runden. Insofern war auch 2023 ein gutes Horrorfilm-Jahr. Nicht zuletzt aufgrund eines erstaunlich reschen Neuaufgusses der „Evil Dead“-Reihe. Dieser mobilisiert unsere postpandemischen Nesthock-Neurosen für eine hochenergetische Dämonenhatz in einem schäbigen Wohnblock, die mehr Blut getankt hat als der Fahrstuhl in Stanley Kubricks „The Shining“. Zur Filmkritik. (and)

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